Trotz der Kritik an seinem Führungsstil will der Vorsitzende an seiner Doppelfunktion als Parteichef und Außenminister festhalten.

Berlin. Die FDP will mit kleinen Kurskorrekturen, einem offenen Diskussionsstil und einer größeren Arbeitsteilung in die Offensive kommen. Zugleich kündigte Parteichef Guido Westerwelle nach einer zweitägigen Krisenklausur von Partei- und Fraktionsvorstand an, die Liberalen wollten weiter auf eine Entlastung der Bürger dringen. „Die Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen, die Entlastung der Mittelschicht bleibt unser Ziel“, heißt es in einem Beschluss des Bundesvorstands. Allerdings soll zunächst der Konsolidierung der Haushalte Priorität eingeräumt werden. Konkrete Vorschläge zu Steuervereinfachung, Steuergerechtigkeit und Entlastung der Mittelschicht will die FDP bis zum Herbst vorlegen. Dafür sollen die Vorstandsmitglieder Andreas Pinkwart, Hermann Otto Solms, Rainer Brüderle und Volker Wissing in einer neuen Kommission Vorschläge erarbeiten.

Zudem wurde eine Kommission zur Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms bis zum Jahr 2012 eingesetzt, die von Generalsekretär Christian Lindner geleitet wird. Dazu solle die Kommunikation mit den Mitgliedern sowie mit allen Bürgern und gesellschaftlichen Gruppen intensiviert werden, sagte Westerwelle. Nach einem Auftaktkongress im Oktober sind für das Jahr 2011 mehrere Regionalkonferenzen geplant. Als Reaktion auf die schlechten Umfragewerte und den Ansehensverlust der FDP sowie die interne Kritik an seinem Führungsstil kündigte Westerwelle an, künftig den Themen Arbeit, Bürgerrechte, Bildung sowie einer liberalen Umwelt- und Außenpolitik mehr Raum zu bieten. Westerwelle war vorgeworfen worden, zu lange und zu starr auf das Thema Steuersenkungen gesetzt zu haben und einen wenig dialogorientierten Führungsstil zu pflegen. Westerwelle räumte ein, dass die Regierung mit Rücksicht auf die Landtagswahl in Nordhrein-Westfalen „manche Frage nicht schnell genug und nicht energisch genug gleich zu Beginn der Regierungszeit angegangen“ sei.

Wie schon zu Beginn der Klausur betonte Westerwelle aber, die FDP brauche keinen komplett neuen Kurs. „Die FDP ist bereit, neue Wege zu gehen, aber wir bleiben bei unseren Zielen.“ Die eigenen Überzeugungen, für die die Partei gewählt worden sei, dürften nicht über Bord geworfen werden. Wenn man der FDP gerecht werden wolle, sei es falsch, sie mit einem einzigen Thema zu verbinden.

Doch nicht nur inhaltlich auch personell will der Vorsitzende die Partei breiter aufstellen. „Wir haben jetzt eine enorme Chance, mit so vielen Talenten, auch mit so vielen neuen jungen Köpfen in der FDP unsere Wahrnehmung zu verbreitern.“

Westerwelle unterstrich, er halte an seiner Doppelfunktion als Parteichef und Außenminister fest. Die Aufgabe eines der Ämter sei von keinem Mitglied in der Runde gefordert worden, bestätigte er Aussagen anderer Teilnehmer. Die Ämter-Kombination sei wichtig, um in der Regierung mit Nachdruck liberale Politik vertreten zu können. Westerwelle verwies darauf, dass auch Kanzlerin Angela Merkel der CDU vorsteht.

Bei der Steuervereinfachung pocht die FDP auf eine rasche Neuordnung des Mehrwertsteuersystems. Die im Koalitionsvertrag beschlossene Regierungskommission zu dem Thema müsse bald ihre Arbeit aufnehmen, forderte der Vorstand in einem Beschluss. Der Katalog der Steuerermäßigungen müsse grundlegend überarbeitet und Ermäßigungen, die nicht klar, nachvollziehbar und gerecht seien, müssten abgeschafft werden. Angesprochen auf die umstrittene Senkung der Mehrwertsteuer für Hotels sagte Westerwelle, für die Beratungen gebe es keine Denkverbote. Im Zusammenhang mit der neuen Kommission zur Steuerdebatte soll auch über den von einzelnen Mitgliedern eingebrachten Vorschlag einer Bildungsstiftung diskutiert werden, für die Wohlhabende und Reiche spenden sollten. Der Vorschlag war als Gegengewicht zum Sparpaket der Regierung gedacht gewesen, das auch von vielen Liberalen als sozial nicht ausgewogen genug angesehen wird. Westerwelle betonte, auch angesichts der offenbar geringeren Neuverschuldung gebe es keinen Grund, vom Konsolidierungskurs und vom Sparpaket abzuweichen.