Das zweite Rettungspaket für Griechenland steht. Dazu wollen die Euro-Länder Griechenland 53 Prozent der Schulden von Privatgläubigern erlassen. Gleichzeitig wird jedoch der Druck auf die griechische Regierung erhöht, die geforderten Reformen schnell umzusetzen.

Berlin. Der Legende nach lief im Jahr 490 v. Chr. ein Bote aus dem griechischen Ort Marathon rund 40 Kilometer nach Athen, um die Nachricht vom Sieg der Griechen über die Perser zu überbringen. Der Marathon war geboren. Ein Marathon der etwas anderen Art gab es am gestrigen Montagabend in Brüssel. In einer nächtlichen Marathonsitzung beschloss die Euro-Grupp das zweite Rettungspalet für Griechenland. Neben frischem Geld wurden auch ein Schuldenschnitt und weitere Kredite verabredet.

Allerdings wurden auf der Sitzung auch erneut die klaren Forderungen an die griechische Regierung gestellt, jetzt schnell die bereits zugesagten Reformen umzusetzen. Nach Abschluss des Rettungspakets fordern Vertreter der deutschen Opposition ebenso wie Ökonomen und Banker, im nächsten Schritt nun das Wirtschaftswachstum in Griechenland anzukurbeln.

53,5 Prozent der Schulden von Privatgläubigern sollen Griechenland erlassen werden, darauf einigten sich die Finanzminister der Eurozone. Der Rest wird in neue Anleihen mit langer Laufzeit umgetauscht, die von den internationalen Geldgebern mit 30 Milliarden Euro abgesichert werden. Zudem erhält Athen 100 Milliarden Euro an neuen Krediten. Ein Teil davon fließt auf ein Sonderkonto, das ausschließlich zur Schuldenrückzahlung genutzt werden kann. Der griechische Premierminister Lukas Papademos sprach von einem „historischen Tag für die griechische Wirtschaft“, EU-Kommissionschef José Manuel Barroso von einem „bedeutenden Schritt vorwärts für Griechenland und Europa“.

Damit das Paket funktioniert, müssen noch mehrere nationale Parlamente zustimmen – darunter am 27. Februar der Bundestag. Auch die Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist noch nicht endgültig geklärt. Schließlich müssen genügend private Gläubiger beim freiwilligen Schuldenschnitt und -umtausch mitmachen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) machte zudem klar, dass das griechische Parlament sehr schnell zahlreiche Reformen verabschieden muss. Athen habe sich dazu verpflichtet, bis zum 29. Februar viele bereits zugesagte Einzelmaßnahmen durchs Parlament zu bringen. Dazu zählten ein Sparpaket für den Gesundheitssektor, Renten- und Arbeitsmarktreformen sowie eine strengere Finanzmarktregulierung. Nur bei einer positiven Bewertung der Reformen werde die zugesagten Hilfe ausgezahlt.

Auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle forderte Athen zum Handeln auf. „Jetzt muss Griechenland die zugesagten Strukturreformen umsetzen“, sagte er dapd. Dann könne das Hilfspaket „eine gute Basis für mehr Wachstum in Griechenland sein“.

Ökonomen und Banken zeigten sich erleichtert über die Verabredungen von Brüssel. Die Politik habe aus der Krise der Jahre 2008 und 2009 gelernt, sagte der Chefanalyst der Bremer Landesbank, Folker Hellmeyer. Es fehle aber noch ein Aufbauprogramm für die Wirtschaft. Er sei überzeugt, dass es das geben werde.

Ähnlich äußerte sich der Ökonom Henning Vöpel vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI). Nach der vorläufigen Rettung der Staatsfinanzen müsse nun Griechenlands Wirtschaft saniert werden. Das sei eine „Generationen-Aufgabe“, die weiteres Geld kosten werde, an der aber kein Weg vorbeiführe, sagte Vöpel.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) verlangte ebenfalls einen Plan für mehr Wachstum. „Was das Land jetzt braucht, sind Wachstumsinitiativen, die der Wirtschaft und den Menschen wieder eine Perspektive geben“, sagte er der „Berliner Zeitung“.

Auch der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann, beklagte, es fehlten in den jüngsten Beschlüssen „jede klare Aussage und konkrete Maßnahmen für Wachstumsperspektiven“. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin lobte den geplanten Schuldenschnitt, forderte aber ebenfalls, das Wachstum anzukurbeln. „Es muss eine gemeinsame europäische Anstrengung für Investitionen in Infrastruktur und Energie geben“, verlangte er.

Als Scheinlösung kritisierte die Linke-Vorsitzende Gesine Lötzsch die Brüssler Beschlüsse. Weder der Schuldenschnitt noch die neuen Kredite würden Athen aus der Krise führen. „Dieses Geld dient der Stabilisierung der Banken und nicht einem Wirtschaftsaufschwung“, sagte sie. Die Euro-Finanzminister hätten sich nicht auf eine Rettung, sondern auf „Sterbehilfe“ für Griechenland geeinigt.

Von Christina Neuhaus