“Bild“-Chef Diekmann spricht in Friedrichshafen vor Studenten auch über den Fall Wulff

Hamburg. Der „Bild“-Chefredakteur wirkt angeschlagen. Auf Krücken humpelt Kai Diekmann durch das Foyer der Zeppelin University. Das breite Grinsen ist jedoch wie immer, der schwarze Cord-Anzug sitzt, die Haare liegen perfekt gegelt. „Das ist der Mann, dem viele schon versucht haben, ein Bein zu stellen - jetzt hat er es beim Skifahren selbst getan“, sagt der Uni-Präsident Stephan Jansen zur Begrüßung des Boulevard-Journalisten.

Der Chefredakteur ist bereits am Donnerstagmorgen an den Bodensee gekommen, um mit den Studenten über die „Bild“ als Leitmedium zu sprechen. In der Podiumsdiskussion am späten Nachmittag soll es um die Fragestellung gehen: „Was darf Journalismus?“. Im Publikum wird bereits vor der Veranstaltung gemunkelt, Diekmann habe vom Springer-Verlag die Anweisung bekommen, nicht über den Fall Wulff zu sprechen.

Doch weit gefehlt, schon in den ersten Minuten der Diskussion kommt Diekmann zum „Pudels Kern“. „Natürlich hätte ich den Anruf von Christian Wulff gerne entgegen genommen und selbst mit ihm gesprochen“, sagt der „Bild“-Chef freimütig. Er habe aber nicht etwa seiner Frau im Haushalt helfen müssen, sodass er nicht habe 'rangehen können, sondern sei in New York unterwegs gewesen. Als der Bundespräsident sich dann später telefonisch bei ihm entschuldigt habe, sei klar gewesen: Die „Bild“ werde es nicht veröffentlichen.

Doch natürlich habe er mit Kollegen von Qualitätszeitungen darüber gesprochen und diese um ihre Einschätzung gebeten. Auf die daraufhin losgetretene Welle habe er dagegen keinen Einfluss gehabt. „Versuchen Sie mal die Zahnpasta wieder in die Tube zu bekommen“, sagt Diekmann.

Wulff hatte eigenen Angaben zufolge auf der Mailbox von Diekmann um Verschiebung der Berichterstattung über Vorwürfe in Zusammenhang mit der Kreditaffäre gebeten, die „Bild-Zeitung dagegen hatte erklärt, es sei darum gegangen, die Berichterstattung zu unterbinden.

Zum Erstaunen der Gäste übt der Mann, der eigenen Angaben nach der “Hauptarbeitgeber des Presserates„ ist, auch noch Medienkritik: “Die Debatte erreicht teilweise in Niveau, das medial nicht mehr würdig ist„, sagt Diekmann.

Grundsätzlich versuche sein Blatt schon, Pressefreiheit und Persönlichkeitsrechte in ein “vernünftiges Verhältnis zu bringen„. Allerdings könne das Private auch mal politisch werden, wie im Fall Seehofer und dem unehelichen Kind, sagt Diekmann. “Ein Politiker, der sich für Magazine unter dem Kruzifix ablichten lässt und sich mit seiner Frau und seiner Familie inszeniert, muss sich das gefallen lassen.„

Begleitschutz brauche er aber noch nicht, sagt Diekmann. “Äh, jedenfalls nicht immer„, räumt er ein. Wenn er der beliebteste Chefredakteur Deutschland sein wollte, dürfte er nicht Chef des Boulevardblatts sein.

Auf die Frage vom Podium, ob es schon einen Nachfolger bei der “Bild„-Zeitung für ihn gebe, sagte Diekmann: “Natürlich haben wir eine Nachfolgeregelung, wie in jedem anderen Unternehmen auch.„ Was er nach seiner Zeit bei dem Blatt machen wolle, wisse er aber noch nicht.

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