Kanzlei verneinte Subventionierung von Duz-Freund – Landesrechnungshof kritisiert Vergabe

Hannover. Mehrfach wurde der Bundespräsident wegen der Salamitaktik bei der Aufklärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe kritisiert. Im Fernsehinterview Anfang Januar hatte er verkündet, seine Anwälte würden „alles ins Internet einstellen. Dann kann jede Bürgerin, jeder Bürger, jedes Detail zu den Abläufen sehen und bewertet sie auch rechtlich“. Stattdessen gab es dann nur eine Zusammenfassung, die wichtige Details gerade nicht klärte. Darauf folgte das Hin und Her um die Journalistenfragen, das am Mittwochabend durch Veröffentlichung von etwa 240 Seiten beendet wurde.

Die Durchsicht der Anfragen zu Wulffs Vergangenheit als niedersächsischer Ministerpräsident zeigt, dass er sich bei vielen wichtigen, aber unangenehmen Detailfragen wegduckt und trotz hartnäckigen Nachhakens nur allgemeine Auskünfte erteilt. An einer Stelle hat Wulffs Anwalt – absichtlich oder nicht – aber eine falsche Antwort gegeben. Es geht um den inzwischen Pleite gegangenen Unternehmer Ali Memari Fard, einen Duz-Freund Wulffs. Der NDR wollte mittels mehrerer Fragen erfahren, ob sich Wulff als Ministerpräsident speziell für den Unternehmer, der ihn auf einer Vielzahl von Auslandsreisen begleitete, eingesetzt hatte. Wulffs Anwalt, Gernot Lehr, schrieb dem Journalisten am 9. Januar: „Herr Fard hat vom Land Niedersachsen keine finanzielle Hilfe erhalten.“ Doch das ist falsch.

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Ali Memari Fard hat mit seinem Unternehmen Cemag regelmäßig Subventionen vom Land erhalten. Ganz aktuell wurde diese Förderpraxis vom niedersächsischen Landesrechnungshof untersucht. Fard erhielt demnach mindestens 1,8 Millionen Euro zuzüglich Bürgschaften in Höhe von 16,64 Millionen Euro. Der Rechnungshof hat in einer Prüfungsmitteilung vom 10. Januar, die der dapd vorliegt, das verheerende Ergebnis dem zuständigen Ministerium zur Stellungnahme zugeleitet. Die Wächter über die Verwendung von Steuermitteln schrieben: „Für drei von fünf geprüften Vorhaben war die Gewährung von Fördermitteln aus mehreren Gründen nicht gerechtfertigt.“ Für diese Projekte wurden 1,2 Millionen Euro Fördermittel ausgereicht. Der Landesrechnungshof kritisiert weiter, dass bei einem Vorhaben „Verstöße gegen die einschlägigen Wettbewerbsregelungen bekannt“ wurden, „ohne dass die Bewilligungsstelle dagegen vorging“.

Zudem monieren die Rechnungsprüfer, dass für Herrn Fard eine Sonderregelung eingeführt wurde. Das Wirtschaftsministerium änderte Regeln bezüglich der Pflicht zur Ausschreibung von Aufträgen zu seinen Gunsten sogar rückwirkend. Dabei wurde auch das Veto des Landesrechnungshofes ignoriert. Hierzu zitieren die Prüfer aus einem internen Vermerk des Wirtschaftsministeriums: „Nach den massiven Eingaben des Herrn Fard und Anforderung der damaligen Hausleitung wurde ein Ausnahmetatbestand von der großen Ausschreibungspflicht erreicht.“

Doch es geht noch weiter: Der Landesrechnungshof kritisiert, dass wichtige Hinweise zu technischen Verfahrensfehlern nicht berücksichtigt wurden und dass in einem Fall ein absolutes Luxusprojekt subventioniert wurde. Die Prüfer führen noch einen anderen aussagekräftigen Vermerk des Wirtschaftsministeriums an. Darin heißt es: „Dieser Kunde gilt als problematisch und bedarf der politischen Behandlung.“ Der Grund wird gleich mitgeliefert, denn „er wendet sich seit Jahren standardgemäß direkt an die Hausleitung“.

Bereits im vergangenen Sommer war die teure Pleite des Herrn Fard Thema im niedersächsischen Landtag. Ein Abgeordneter wollte unter anderem wissen, ob es „persönliche und/oder wirtschaftliche Kontakte zwischen aktuellen bzw. ehemaligen Vertretern der Landesregierung“ und Fard gab. In der Antwort werden die Begleitungen auf Wulffs Auslandsreisen aufgeführt und dass Wulff und zwei Minister „im März 2009 Gast bei der Feier des 50. Geburtstags von Herrn Ali Memari Fard“ waren. Zudem hat Wulff in Juni 2009 „auf Einladung des Geschäftsführers, Herrn Ali Memari Fard, an einem Galadiner des Unternehmens teilgenommen“. Bei dieser Gelegenheit hielt Wulff eine Lobrede auf „Ali“ und dessen Cemag. Wenige Tage später ist die Firma pleite, die Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen gegen Fard auf, wegen Betrugsverdachts.

Wie das ARD Politikmagazin „Monitor“ herausfand, kannten sich Wulff und Fard besser, als von der niedersächsischen Regierung mitgeteilt. Fard selbst bestätigte dem Magazin, dass Wulff bei ihm zu einem gemeinsamen Kochabend war.

Auch den NDR-Journalisten machte die Antwort von Wulffs Anwalt zu den Finanzhilfen stutzig, er fragte nach und erhielt einen Tag später die Antwort: „Herrn Wulff ist von finanziellen Leistungen des Landes Niedersachsen an Herrn Fard und dessen Firma CEMAG nichts bekannt.“