Opposition darf sämtliche Fragen stellen – Landesregierung verteidigt Wulffs vorgehen

Hannover. Mehr als vier Stunden hat der niedersächsische Landtag am Donnerstag erneut über die Affäre um Bundespräsident Christian Wulff (CDU) diskutiert. Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), der für die Landesregierung die Antworten auf mehr als 50 Fragen gab, verteidigte dabei Wulff. Die Opposition sprach von einer „bizarren Verteidigungsstrategie“. Die Sache sei weiterhin nicht geklärt, sagte Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel.

Sämtliche noch ausstehenden Fragen der Opposition sollten beantwortet werden, weshalb die CDU-Fraktion überraschend die Aufhebung der zeitlichen Begrenzung für dringliche Anfragen beantragte.

Mit Blick auf den Privatkredit für Wulffs Einfamilienhaus sagte Möllring, dass zinsgünstige oder zinslose Darlehen unter Freunden gestattet seien und keinen Verstoß gegen das niedersächsische Ministergesetz darstellten. Wie jeder Mensch hätten auch Politiker ein Privatleben und dürften in diesem Bereich Geschenke annehmen. Auf die widersprechende Ansicht des Verwaltungsrechtlers Hans Herbert von Arnim angesprochen, sagte der CDU-Politiker: „Zu Professor Arnim sage ich besser nichts. Der ist schon unangenehm aufgefallen, als ich noch studiert habe.“ Zudem gelte auch hier wohl der alte Grundsatz „Zwei Juristen, drei Meinungen.“

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Als Vertreter der Landesregierung bestätigte Möllring aber am Donnerstag indirekt, dass sich Wulff entgegen anderslautenden Behauptungen an der Sponsorensuche für die privat organisierte Veranstaltungsreihe „Nord-Süd-Dialog“ beteiligt hat. In seiner Funktion als Schirmherr der Veranstaltung sei es eben seine Aufgabe gewesen, „auch mal ein gutes Wort“ einzulegen. Ein Anwerben von Sponsoren durch die Staatskanzlei habe es aber nicht gegeben.

Wulffs Anwalt Gernot Lehr hatte Anfang Januar in einer sechsseitigen Stellungnahme geschrieben, dass die Einwerbung von Sponsoren „dem Veranstalter oblag“. Organisator war der Event-Manager und Wulff-Freund Manfred Schmidt.

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) äußerte sich in der Debatte erst gegen Ende. Er verwies noch einmal darauf, dass viele Fragen von der Landesregierung wegen rechtlicher Beschränkungen nicht beantwortet werden könnten. Die Landesregierung werde aber auch weiterhin versuchen, alle Antworten auf weitere Fragen ebenfalls im Rahmen der Möglichkeiten zu geben. „Aber erlauben Sie mir einen Hinweis: Wir haben noch viele andere Themen im Interesse des Landes und der Menschen in diesem Jahr in Niedersachsen anzupacken“, fügte er hinzu.

Trotz der Beantwortung der Fragen kritisierte die Opposition weiterhin das mangelnde Aufklärungsinteresse der Landesregierung. „Die Antworten haben ja viel Unterhaltungswert, aber nicht so viel Informationsgehalt“, sagte der Grünen-Abgeordnete Helge Limburg. Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel beklagte eine „bizarre Verteidigungsstrategie“ der Landesregierung, die sich nur darauf zurückziehe, dass alle Vorwürfe im privaten Bereich lägen und Wulff „selbst entscheidet, was privat ist und was nicht“. „Die Sache ist für uns heute nicht geklärt“, sagte Wenzel. Es seien neue Fragen aufgeworfen worden.

SPD-Fraktionschef Stefan Schostok warf der Landesregierung vor, eine „ganz eigene Definition von Freundschaft“ zu haben. „Diese Regierung setzt ganz neue Maßstäbe, was die Begründung von Vetternwirtschaft angeht“, sagte er.

Auch am Freitag wird die Affäre Wulff weiterhin Thema im Landtag sein. Die Linken wollen die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses beantragen. Die SPD plant einen Missbilligungsantrag. Beide Vorhaben werden aber voraussichtlich an den notwendigen Mehrheiten scheitern.