In den Griechenland-Streit hat sich Bundespräsident Köhler eingeschaltet. Er hält Hilfen für richtig, verlangt aber harte Regeln für Finanzjongleure.

Die Anstrengungen, das verschuldete Griechenland vor einer Staatspleite zu bewahren und eine Kettenreaktion unter Euro-Ländern zu verhindern, laufen auf Hochtouren. Zeitgleich ist in Deutschland eine Debatte über das richtige Krisenmanagement entbrannt, in die sich jetzt auch Bundespräsident Horst Köhler einschaltete.

Er unterstützt die deutsche Hilfe zur Rettung Griechenlands. „Deutschland sollte auch aus eigenem Interesse seinen Beitrag zur Stabilisierung leisten“, sagte Köhler am Donnerstag laut Redemanuskript bei einer Münchner Wirtschaftstagung. Griechenland erwarte verständlicherweise Hilfe zur Selbsthilfe.

Zugleich verlangte Köhler aber drastische Maßnahmen gegen die internationalen Finanzjongleure. „Die aktuelle Krise zeigt ein Muster, das nicht akzeptabel ist – die Gewinne haben wenige gemacht, die Verluste muss die Allgemeinheit tragen“, sagte Köhler. „Das gebietet einfache und harte Regeln für die „Finanzindustrie“.“ Er sprach sich für eine internationale Abgabe auf Finanztransaktionen aus. Dies sei der beste Weg, um die Finanzindustrie an den Kosten der jüngsten internationalen Krise zu beteiligen.

Der Bundespräsident forderte die Euro-Länder und die Europäische Kommission darum zu einer besseren Koordinierung der nationalen Wirtschafts- und Finanzpolitiken auf. „Die Politik muss ihr Primat über die Finanzmärkte zurückgewinnen. Sie hat den Interessen der Finanzmarktakteure zu viel Raum ohne Regeln überlassen“, so Köhler Der Staat habe sich damit erpressbar gemacht. „So etwas darf sich nicht wiederholen.“

Die Praxis des heute vorherrschenden Finanzkapitalismus kann nach seinen Worten kein Leitbild sein: „Er operiert vor allem mit Wetten und Schulden. Er steigert seine eigenen Renditen ohne Rücksicht darauf, ob das dem Wohlergehen der Nationen nutzt.“ Unter Hinweis auf die „gigantischen Boni“ für Finanzmanager sagte Köhler: „Haben die Betreffenden überhaupt verstanden, was auf dem Spiel steht?“

Ähnlich wie Köhler hat auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso die geplanten Finanzhilfen für Griechenland gegen Kritik aus Deutschland verteidigt. „Wir haften nicht für die Schulden Griechenlands, sondern unterstützen die griechischen Anstrengungen, so dass die Märkte wieder Vertrauen fassen, Griechenland zahlungsfähig bleibt und seinen Haushalt erfolgreich konsolidiert“, sagte Barroso dem Hamburger Abendblatt (Freitag). „Dies ist gerade auch im Interesse Deutschlands, das eng mit Griechenland verflochten ist. Gemeinsame Verantwortung für die Stabilität der Eurozone und Solidarität untereinander gehen Hand in Hand.“ Die Unterstützung für Griechenland erfolge im Übrigen „durch alle Mitgliedstaaten der Eurozone, auch diejenigen, die weniger haushaltspolitischen Spielraum als Deutschland haben“, betonte der Präsident.

Die Euro-Mitgliedstaaten hätten sich für entschlossenes und koordiniertes Handeln entschieden, „um Schlimmeres abzuwenden und um die Stabilität der Eurozone insgesamt zu sichern“, bekräftigte Barroso. „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo dieser Verpflichtung Taten folgen müssen.“ Dabei gehe es nicht um Finanztransfers oder Subventionen, sondern um „koordinierte bilaterale Kredite, die Griechenland wieder zurückzahlen muss“.

Die Kredite würden an strenge Bedingungen geknüpft, die „Griechenland dabei helfen, zurück zu haushaltspolitischer Tugend zu kommen“, betonte Barroso. „Die Euro-Staaten werden nicht die Arbeit für Griechenland erledigen.“

Drei von vier Bundesbürgern glauben jedoch nicht an eine Rückzahlung von Griechenland-Hilfskrediten. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für den Sender N24 sind 76 Prozent der Befragten davon überzeugt, dass es den Griechen nicht gelingen wird, ihre Schulden zurückzuzahlen. Nur 19 Prozent nehmen an, dass Athen die Milliarden-Kredite ablösen wird.

Die Hauptschuld an der Finanzkrise in Griechenland tragen nach Ansicht von 59 Prozent die Griechen selber. 13 Prozent sehen ein Versagen der Banken als ursächlich an. 11 Prozent machen die europäischen Politiker verantwortlich. Nur 9 Prozent der Befragten halten Spekulanten für die Schuldigen in der Griechenlandkrise.

Die Vorbereitung über die milliardenschwere Finanzhilfen für Griechenland gehen derweil in den Endspurt. Sie stehen nach Angaben der Europäischen Kommission kurz vor dem Abschluss. EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn zeigte sich am Donnerstag in Brüssel zuversichtlich, dass die Gespräche mit der Regierung in Athen in den kommenden Tagen zu einem Ergebnis führen. Die Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds (IWF) verhandeln seit zehn Tagen mit Athen über die Hilfen in Höhe von bis zu 45 Milliarden Euro alleine für dieses Jahr. Der Gesamtumfang der Notkredite für Griechenland war aber weiter unklar

Im Gegenzug muss die Regierung in Athen mit harten Auflagen rechnen. Die Hilfen seien an strukturelle Reformen geknüpft, sagte Rehn. Details nannte er nicht. „Wir werden Griechenland eine Atempause vom Druck der Finanzmärkte verschaffen“, fügte der finnische Kommissar hinzu. Er verteidigte die Milliardenhilfen als alternativlos: Sie würden jedem Euro-Land und den Bürgern zugutekommen, sagte Rehn. Die Euro-Länder müssen den Hilfen noch zustimmen, voraussichtlich bei einem Sondergipfel am 10. Mai.

In Deutschland soll kommende Woche über die Hilfen abgestimmt werden. Die Bundesregierung kann dabei nun doch auf die Unterstützung der Opposition zählen. SPD-Chef Sigmar Gabriel kündigte am Donnerstag an, dass die Sozialdemokraten das von Union und FDP geplante parlamentarische Eilverfahren nicht blockieren wollten und auch zu einer Zustimmung zum Gesetz bereit seien. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin erklärte in Berlin: „Wir sind bereit, eine Entscheidung des Deutschen Bundestages bis zum 7. Mai zu ermöglichen und werden keine Einwände gegen ein verkürztes Verfahren erheben.“