Haubitzen, Panzer und Panzerabwehrraketen sollen ins Krisengebiet geschickt werden. Guttenberg besuchte die Truppen in Kundus.

Berlin. Knapp zwei Wochen nach dem tödlichen Angriff auf die Bundeswehr bei Kundus will Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nun schwere Waffen nach Afghanistan schicken. Bei einem überraschenden Besuch in Kundus kündigte der CSU-Politiker am Mittwoch an, umgehend zwei Panzerhaubitzen, zusätzliche „Marder“-Schützenpanzer sowie Panzerabwehrraketen in das Krisengebiet zu verlegen, wie ein Ministeriumssprecher sagte. Guttenberg wurde auf seinem Kurzbesuch von Abgeordneten aller Fraktionen mit Ausnahme der Linken begleitet.

Die neuen Waffen änderten nicht den Charakter des Afghanistan-Einsatzes, betonte Guttenberg in einem vorab aufgezeichneten Interview der ARD-“Tagesthemen“. „Es sind Ausrüstungsgegenstände, die den mandatierten Einsatz auch so ermöglichen sollen, dass die Soldaten möglichst gut geschützt, aber auch möglichst wirkungsvoll vorgehen können“, wenn das erforderlich sei. Natürlich müsse man mit den schweren auch verantwortungsvoll umgehen, sagte der CSU-Politiker.

Zu Forderungen nach einem Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan erklärte Guttenberg: „Das Risiko für unsere Sicherheit wird genau dann größer, wenn wir Afghanistan zum jetzigen Zeitpunkt sich selbst überlassen würden.“ Die Lage in der Region sei sehr instabil, „wir müssen Stabilität schaffen“. An einen Abzug sei zu denken, „wenn die Ausbildungserfolge sichtbar sind, so dass auch die Afghanen einen Teil ihrer Sicherheit selbst übernehmen können“.

Im ZDF-“Heute-Journal“ sagte der Verteidigungsminister, der bereits zum dritten Mal in seiner Amtszeit nach Afghanistan reiste, der Einsatz bleibe gefährlich und risikoreich. „Von daher ist es auch nicht ausgeschlossen, dass es in Afghanistan auch zu Verlusten und zu Verwundeten kommen kann.“

Sein Ministerium rechtfertigte derweil den Abbruch der Gespräche mit dem Anwalt Karim Popal, der eigenen Angaben zufolge 79 Opfer des vom deutschen Oberst Georg Klein befohlenen Luftschlags vom 4. September vertritt. Es habe Zweifel an der Mandatslage gegeben, erklärte Sprecher Christian Dienst. Jetzt werde nicht mehr über Anwälte, sondern direkt verhandelt. Die Gesprächsfäden müssten neu geknüpft werden. Durch die bisherige Gesprächsführung habe man sieben Monate Zeit verloren. Man werde sehen, ob es bestimmte Projekte oder im Einzelfall auch finanzielle Entschädigungen geben werde.

Nach dem tödlichen Angriff auf Bundeswehrsoldaten in Afghanistan am Karfreitag wünschen sich nach einer Umfrage immer mehr Bundesbürger einen Abzug der deutschen Truppen vom Hindukusch. 62 Prozent und damit so viele wie noch nie zuvor bei einer Forsa-Umfrage plädierten für den Rückzug, wie die Befragung für das Hamburger Magazin „Stern“ ergab.

Im September 2009, nach den Bombardements von Kundus, waren den Angaben zufolge 55 Prozent für einen Rückzug der deutschen Truppen gewesen. Sehr hoch (61 Prozent) war die Ablehnung des Einsatzes zuletzt im Juni 2009 gewesen, nachdem drei Bundeswehrsoldaten nach einem Feuergefecht mit den Taliban in ihrem Transportpanzer verunglückt und ums Leben gekommen waren. Befragt wurden 1.004 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger am 8. und 9. April 2010.