Nicht nur für die Medizin, sondern für alle Studienfächer sollen laut Ulla Burchardt Beschränkungen aufgehoben werden.

Berlin. Die Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), fordert die Abschaffung des Numerus clausus für alle Studienfächer – und nicht nur für die Medizin. „Wir brauchen mehr Ärzte, wir brauchen aber auch mehr Fachkräfte in vielen anderen Mangelbereichen“, sagte Burchardt am Mittwoch in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Länder sollten die Hochschulpakt- Gelder des Bundes nicht nur für den Ausbau preiswerter Massenstudienfächer nutzen, sondern „zukunftsweisend und gezielter in die begehrten Mangelfächer investieren“, sagte die SPD-Politikerin.

„Es ist unerträglich, wenn beispielsweise Bürger drei Monate auf einen Termin beim Psychologen oder Psychotherapeuten warten oder Firmen händeringend nach qualifizierten Ingenieuren oder Biochemikern suchen müssen“, sagte Burchardt. Dass Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) den Blick allein auf die Medizin richte, nähre den Verdacht, „dass es der FDP hier allein um Klientelpolitik für Arztkinder geht“, die wegen der doppelten Abiturientenjahrgänge um einen Studienplatz bangten.

Für nahezu jeden zweiten der rund 11000 Studiengänge in Deutschland bestehen inzwischen örtliche Zulassungsbeschränkungen (Numerus clausus). In Medizin, Psychologie und mehreren naturwissenschaftlichen Disziplinen ist die Situation besonders angespannt. Diese Studienplätze gelten in der Regel aber als recht teuer.

CDU/CSU-Fraktionsvize Michael Kretschmer bezifferte die Kosten eines Medizinstudiums pro Absolvent mit 180000 Euro. Die Länder würden angesichts dieser hohen Kosten nicht ohne weiteres die Angebote ausbauen. Daher sei es umso wichtiger, die Quote derjenigen mit Anreizen zu erhöhen, die nach dem Studium in die Krankenversorgung gehen. So unterstütze Sachsen Medizinstudenten, die sich verpflichteten, anschließend in unterversorgte Regionen zu gehen, mit Studienbeihilfen zwischen 300 und 600 Euro monatlich.

Nach Ansicht des Berliner Bildungssenators Jürgen Zöllner (SPD) liegt der Ärztemangel auch daran, dass Länder wie Nordrhein-Westfalen gemessen an ihrer Größe zu wenig Medizinstudienplätze anbieten und ihren Ausbildungsverpflichtungen nicht nachkommen. Zudem gehe ein beachtlicher Teil der Absolventen in die Wirtschaft, die Verwaltung oder ins Ausland, wo die Arbeitsbedingungen für die Mediziner offensichtlich besser seien. Der Vorschlag Röslers, einfach den Numerus clausus zu lockern, sei „gut gemeint, aber daneben geschossen“, sagte Zöllner dem Sender MDR Info.

Burchardt forderte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) auf, „endlich ein Gesetz für eine bundeseinheitliche Regelung des Hochschulzuganges vorzulegen“. Die SPD-Politikerin verwies darauf, dass mit der Föderalismusreform von 2006 der Bund eindeutig das Recht erhalten habe, den Zugang zum Studium und auch die Studienabschlüsse bundeseinheitlich zu regeln.

Der hochschulpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Martin Neumann, bezeichnete Burchardts Forderung nach einer generellen Abschaffung des Numerus clausus „als billigen Klamauk und einen unzulässigen Eingriff in die Autonomie der Hochschulen“. Die FDP-Fraktion lehne dies entschieden ab. Diese Koalition investiere einen noch nie dagewesenen Betrag in die Hochschullehre. Neben dem Hochschulpakt werde ein Qualitätspakt Lehre für bessere Studienverhältnisse sorgen.