Es gibt tiefe Differenzen innerhalb der CDU. Roland Kochs Ablehnung der Reformpläne sorgt für großen Unmut.

Berlin. Das harte Nein des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) zu den Jobcenter-Reformplänen der Bundesregierung sorgt in der Union für Ärger. Bundestags-Fraktionschef Volker Kauder und CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich rügten nach einem „Spiegel“-Bericht intern Kochs Vorpreschen. Sie warfen ihm vor, er sabotiere die ohnehin schon schwierigen Gespräche über die Hartz- Reform. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) lotete am Sonntagabend mit den Ministerpräsidenten der unionsgeführten Bundesländer einen Kompromiss bei der verfassungsgemäßen Neugestaltung der Hartz-IV-Verwaltung aus.

Dabei gibt es tiefe Differenzen zwischen ihr und der CDU/CSU- Fraktionsführung im Bundestag auf der einen Seite sowie der Mehrzahl der Unions-Länderchefs auf der anderen. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff zeigte sich unmittelbar vor Beginn des Treffens skeptisch über ein einvernehmliches Ergebnis: „Die beste Lösung ist eine Änderung des Grundgesetzes. Aber dazu braucht man eine Mehrheit.“ Er rechne deshalb nicht mit einer schnellen Lösung, die alle Beteiligten im Bundestag und Bundesrat einschließe. Sein baden-württembergischer Kollege Günther Oettinger unterstützte ihn: „Wir haben aber nicht mehr viel Zeit. Eine rasche Einigung ist notwendig.“ Auf die Frage, ob er eine Grundgesetzänderung für nötig hält, sagte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller: „Die brauchen wir.“

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Koch verlangt eine Änderung des Grundgesetzes, um die Arbeitsvermittlung auf eine neue Basis zu stellen. Unterstützt wird er vom bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer: „Eine Grundgesetzänderung ist die sauberste Lösung“, sagte der CSU-Chef.

Von der Leyen ist dazu nur bereit, wenn sich alle Beteiligten rasch auf ein gemeinsames Ziel einigen. Dieses müsste auch für die SPD akzeptabel sein, da ihre Unterstützung für eine verfassungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist.

SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier nannte die von der Bundesregierung geplante Aufspaltung der Jobcenter einen „Skandal“. „Da wird ohne Not etwas aufgegeben, was erhaltenswert ist“, sagte er am Sonntag im ARD-„Bericht aus Berlin“. Er schlug erneut eine Grundgesetzänderung vor, damit die Jobcenter – in denen Kommune und Arbeitsagentur zusammenarbeiten – erhalten bleiben können.

Kauder und Friedrich lehnen jedoch eine Änderung des Grundgesetzes ab – der CSU-Landesgruppenvorsitzende aus grundsätzlichen Erwägungen, Kauder auch aus taktischen, da die Union für eine Verfassungsänderung die Stimmen der SPD im Bundestag braucht. Der Fraktionschef fürchtet, die Sozialdemokraten könnten die Verhandlungen nutzen, Zwietracht in die Regierung zu tragen. „Die werden uns doch am Nasenring durch die Arena führen“, wird Kauder zitiert.

Eine Einigung sei möglich, „wenn es alle nicht überziehen“, sagt der SPD-SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil der „Frankfurter Rundschau“ (Montag). Er stellte klar, dass es keine Zustimmung der SPD zu einer Verfassungsänderung geben werde, die nur auf eine Ausweitung der bisher 69 Optionskommunen zielt. Diese betreuen die Hartz-IV- Empfänger in Eigenregie. Eine Grundgesetzänderung müsse auch die Weiterarbeit der Jobcenter in der bisherigen Form sicherstellen. „Das ist ein Paket. Unsere Bedingung ist, dass beides gemacht wird“, sagte Heil der „Braunschweiger Zeitung“ (Samstag).

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember 2007 die gemeinsam von der Bundesarbeitsagentur (BA) und den Kommunen betriebenen Jobcenter (Argen) beanstandet und eine Neuregelung bis Ende 2010 verlangt. Die SPD/CDU-Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern will die Suche nach einem Jobcenter-Kompromiss vorantreiben. „Ich glaube, dass jetzt eine Chance besteht, einfach weil der Zeitdruck riesengroß ist“, sagte Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD)