Vor allem wenn die Kinder klein sind, sollten Beruf und Familie sich besser miteinander vereinbaren lassen. Helfen könnte ein flexibleres Zeitmodell.

Berlin. Junge Eltern wünschen sich für die Erziehung ihrer Kinder vor allem größere Rücksicht auf die Zeitbedürfnisse der Familie. Das geht aus einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Studie des Berliner Soziologen Hans Bertram und der Wirtschaftswissenschaftlerin Katharina Spieß vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Stiftung Ravensburger Verlag hervor. Für die Studie befragte Infratest jeweils 1.000 Mütter und Väter mit Kindern bis zu sechs Jahren nach Wohlbefinden und Zufriedenheit. Die Eltern wünschten sich dabei vor allem ein flexibleres Zeitmodell, das der Elternphase und einer Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerechter wird. Immerhin rund 60 Prozent der befragten Haushalte sprach sich für die umstrittene Einführung eines Betreuungsgeldes aus.

Am zufriedensten zeigten sich Väter mit zwei Kindern, die vollerwerbstätig sind (mit 7,8 von 10 möglichen Punkten), während bei den Müttern jene mit einem Kind sich etwas zufriedener äußerten (7,7 Punkte) als Mütter mit zwei Kindern (7,3 Punkte). Überrascht zeigten sich die Sozialforscher über die wachsende Bedeutung der Großeltern. Die Studie widerspreche dem Bild einer isolierten Kleinfamilie, wie dies Statistiken nahelegten, so Bertram. Statt dessen seien die meisten Familien in soziale Netzwerke eingebunden. Laut Studie hat das ausschließliche Hausfrauenmodell ausgedient. Vorherrschend sei ein Modell der Aufgabenteilung. Allerdings sagten 40 Prozent der Eltern, dass Mütter von Kleinkindern nicht erwerbstätig sein sollten. Bei schulpflichtigen Kindern sprachen sich 60 Prozent der Mütter für Teilzeit- statt Vollzeitarbeit aus.

Im Bereich „Zeit“ verlangten praktisch alle Eltern mehr Flexibilität am Arbeitsplatz in familiären Notsituationen, sowie flexiblere Arbeitszeiten. Mehr Flexibilität wird auch bei den Öffnungszeiten von Kitas gefordert. Im Bereich „Infrastruktur“ folgt danach der Wunsch nach stärkerer Förderung benachteiligter Kinder, sowie der Ausbau von Ganztagschulen. Finanziell wünschten sich fast alle Eltern eine stärkere steuerliche Berücksichtigung von Kita-Kosten und etwa vier von fünf eine Staffelung des Kindergeldes nach Kinderzahl.

Nach Ansicht von Bundesfamilienministerin Kristina Köhler (CDU) zeigt die Studie, dass es bei wirklicher Wahlfreiheit für Eltern um mehr als die Frage nach häuslicher oder öffentlicher Betreuung gehe. Eltern müsse es ermöglicht werden, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Dem solle der Ausbau des Elterngeldes dienen. Außerdem sollten Unternehmen die Bedürfnisse junger Eltern stärker berücksichtigen. Das geplante Betreuungsgeld erwähnte Köhler in ihrer schriftlichen Stellungnahme nicht. Bertram beklagte, dass eine Entscheidung für Kinder weiterhin sowohl wirtschaftliche Einbußen als auch Nachteile bei der Berufsentwicklung mit sich brächten. Die Politik müsse diese „Benachteiligungseffekte minimieren“.