Angela Merkel, Guido Westerwelle und Horst Seehofer trafen sich Berlin zum Krisengipfel. Statements gab es nach dem Treffen nicht.

Berlin. Nach zweieinhalb Stunden war der Gesprächsbedarf der „drei Großen“ – zumindest im Kanzleramt – erschöpft. Angela Merkel, Guido Westerwelle und Horst Seehofer verließen am Abend demonstrativ gemeinsam die Regierungszentrale und setzten ihre Runde in einem Berliner Restaurant fort. Die Botschaft sollte wohl sein: „Wir können und wollen miteinander“.

Streng abgeschottet von den Medien hatten die drei alles vermieden, was ihrem ersten Spitzentreffen seit der Wahl vor gut 80 Tagen nach außen den Anstrich eines Krisengipfels gegeben hätte: Es waren keine Mitarbeiter dabei, es gab keine Stellungnahmen und keine Pressemitteilungen. „Was die entschieden haben, wird man in den nächsten Tagen sehen“, hieß es aus dem Umkreis der drei Parteichefs lediglich. Schon am Dienstag werden sie wieder zusammensitzen in der Koalitionsrunde, die regelmäßig zu Beginn der Sitzungswochen des Bundestages tagt. „Sie werden sich in der Spitzenrunde immer wieder mal treffen, dann ist das nicht mehr spektakulär“, wurde nachgeschoben.

Die Signale der Parteichefs von CDU, FDP und CSU standen am Sonntag von Anfang an auf Entspannung. Nach den Zankereien der vergangenen Woche musste es für die Koalition ein Zurück-auf-Los geben, waren sich vor allem Merkel und Westerwelle bei einem vertraulichen Vorgespräch einig gewesen. Das gilt vor allem für die Dauer-Steuer-Debatte, die der Koalitionsspitze zunehmend aus dem Ruder läuft. Ein „Fahrplan“ mit den zeitlichen Eckdaten Steuerschätzung im Mai und volle Wirksamkeit der Steuerentlastung spätestens 2013 war bereits vor dem Treffen am Sonntag andiskutiert worden.

Bei dem zweiten Streitthema – die Rolle der Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach (CDU) im neuen Berliner Vertriebenen-Zentrum – fallen bereits in einigen Tagen die Würfel. Die FDP-Bundestagsfraktion wird an diesem Dienstag über das Thema beraten. Außenminister Westerwelle droht nach wie vor mit einem Veto, weil er neue Spannungen mit Polen befürchtet. Auch in der Gesundheitsreform stehen wichtige Weichenstellungen an. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) bereitet die Zusammensetzung der Kommission vor, die die Eckdaten für den Einstieg in Beitragspauschalen ausarbeiten soll. Auch hier liegen vor allem CSU und FDP bisher im Clinch.

So wollten Kanzlerin, Außenminister und Bayerns Ministerpräsident bei ihrem Sechs-Augen-Treffen im Kanzleramt vor Ende der 100-Tage-Schonfrist zumindest einen „klimatischen Neustart“, wie es ein Koalitionär formulierte. Die Klausuren der Unionsparteien und das Dreikönigstreffen der Liberalen hatten dafür die Voraussetzungen geschaffen. Merkel ist aus der Aufarbeitung des Wahlergebnisses vom September in ihrer Partei wieder gestärkt herausgekommen.Seehofer hat nur bedingt aus dem Dauerstreit mit der FDP Honig für seine Partei saugen können. Westerwelle ist zwar in der FDP absolut unangefochten. Seine Partei verliert aber ständig an Ansehen, signalisieren jüngste Umfragen.

So dürfte die Streitlust in der Koalition zunächst wieder etwas abnehmen, hoffen nach dem Sonntag die Parteioberen. „Wir haben allenfalls ein Kommunikationsproblem“, hatte Seehofer vor dem ersten Spitzengespräch seit Bildung der schwarz-gelben Koalition gesagt. Von einer langfristig angelegten Koalitionsehe mit der FDP sprach er bislang nicht. Diese wünscht sich vor allem Westerwelle. Er spricht inzwischen gerne von einem schwarz-gelben Regierungs-„Projekt“.

Damit der „Stellungskrieg“ (FDP-Vorständler Wolfgang Kubicki) unter den Koalitionären endlich beendet wird, wollen die Abgeordneten von Union und FDP – nach dem Treffen der Parteichefs – auch ihr neues Gemeinschaftsgefühl üben. Für den Dienstag haben sie sich für eine Kennenlern-Party in einem Berliner Hotel verabredet – ohne Presse, versteht sich. Ein Spitzenkoalitionär sagt angesichts der Bemühungen um ein besseres Koalitionsklima: „Mein Therapievorschlag gegen das schlechte Benehmen der Koalitionäre, ist Arbeit.“