Angela Merkel, Guido Westerwelle und Horst Seehofer trafen sich Berlin zum Krisengipfel. Statements gab es nach dem Treffen nicht.

Berlin. Der zähe Steuerstreit, die Afghanistan-Strategie und der Zank über die Vertriebenenstiftung: Die Parteichefs von CDU, CSU und FDP haben auf einem Krisengipfel nach Kompromissen in heiklen Streitfragen gesucht. Das Sechs-Augen-Gespräch im Kanzleramt zwischen Angela Merkel, Horst Seehofer und Guido Westerwelle endete am Sonntagabend nach rund zweieinhalb Stunden. Konkrete Ergebnisse wurden zunächst nicht bekannt.

Hauptthema dürfte der Dauerstreit über die von der FDP geforderten Steuersenkungen im Volumen von 24 Milliarden Euro schon ab 2011 gewesen sein. Auf der Tagesordnung standen aber angeblich auch weitere strittige Fragen wie die Besetzung des Beirats der Vertriebenstiftung mit der CDU-Abgeordneten Erika Steinbach sowie die Strategie für die Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London, wo von Deutschland zusätzliche Truppen verlangt werden dürften.

Kanzlerin Angela Merkel ist inzwischen wegen der versprochenen Steuersenkungen kräftig unter Druck geraten. Unmittelbar vor dem Spitzentreffen mahnten Wirtschaftsverbände die Koalition, ihre Versprechen einzuhalten und die Steuern weiter zu senken. Die FDP zeigte sich zwar kompromissbereit, aber nur beim Termin. Dagegen legte sich die CDU auf das Jahr 2011 fest, stellte aber das Volumen von 24 Milliarden Euro jährlich infrage.

Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen, Anton Börner, sagte „Bild am Sonntag“: „Angesichts der gewaltigen Dimension der Krise ist es ausnahmsweise richtig, in die Verschuldung zu gehen. Die Konjunktur kann man nicht nur durch immer neue Sozialleistungen anregen, sondern auch durch das Senken der Steuern.“ Handwerkspräsident Otto Kentzler forderte, niedrige und mittlere Einkommen dürften nicht länger „deutlich höher als andere Gruppen belastet werden. Die Entlastung dieser Leistungsträger in der Gesellschaft, wird Konsum und Investitionen ankurbeln.“ Einer Emnid-Umfrage zufolge erwarten auch 57 Prozent der Bundesbürger, dass die Regierung ihr Steuerversprechen einhält.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder rief die schwarz-gelbe Koalition zur Geschlossenheit in Steuer- und Haushaltsfragen auf. Der „Bild“-Zeitung (Montagausgabe) sagte der CDU-Politiker: „Es darf nicht mehr jeden Tag etwas herausgegackert werden. Sonst erleben wir ein Kommunikationsdesaster wie Rot-Grün bei der Einführung von Hartz IV.“ Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verwies auf die Goldenen Regeln im Koalitionsvertrag: „Das heißt, alles muss finanzierbar sein“, sagte der CDU-Politiker dem „Focus“. Er erklärte weiter: „Deshalb haben wir für die Frage weiterer Steuerentlastungen verabredet: Ob, wann und wie viel – das entscheiden wir Mitte 2010, wenn wir den Haushalt 2011 und den Finanzplan bis 2014 aufstellen.“ Vorher mache einen Streit darüber keinen Sinn.

Schäubles Kabinettskollegin, Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), sieht das anders. Die bayerische FDP-Vorsitzende sagte „Bild am Sonntag“: „Wir lassen über den Fahrplan mit uns reden, aber nicht über die Höhe der Entlastungen. Die Summe steht im Koalitionsvertrag und damit auch nicht unter Vorbehalt.“ Die CDU-Spitze hatte am Freitag beschlossen, dass 2011 weitere Steuererleichterungen und eine Steuerstrukturreform kommen sollen. Das Volumen macht die Partei jedoch vom Ergebnis der Steuerschätzung im Mai abhängig. Außerdem werden der Konsolidierung der Haushalte von Bund und Ländern sowie die Einhaltung der Schuldenbremse Vorrang vor Steuersenkungen eingeräumt. Merkel sagte, sie gehe davon aus, dass auch die FDP die Steuerschätzung im Mai abwarten wolle.