Bei den Protesten ist der Neffe von Oppositionsführer Mir-Hossein Mussawi vermutlich ebenfalls getötet worden.

Teheran. Am schiitischen Aschura-Fest ist es in Teheran zu den schwersten Zusammenstößen seit der Protestwelle gegen die Präsidentenwahl im Juni gekommen. Dabei wurden nach Polizeiangaben fünf Menschen getötet. Unter den Toten ist nach Angaben der Website von Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi, Kaleme.ir, auch einer von dessen Neffen. Gewaltsame Zwischenfälle bei Demonstrationen wurden auch aus den Städten Isfahan, Schiras und Nadschafabad gemeldet.

Mit Sprechchören wie „Tod dem Diktator“ gingen in Teheran mehrere tausend Anhänger der Oppositionsbewegung auf die Straße. Auf der Enghelab-Straße gaben die staatlichen Einsatzkräfte zunächst Warnschüsse in die Luft ab und gingen mit Tränengas und Schlagstöcken gegen die Menschenmenge vor. Schließlich hätten sie direkt auf Demonstranten geschossen, berichteten Augenzeugen und die dem Reformlager nahestehende Website Rah-e-Sabs.

Ali Mussawi sei später im Krankenhaus seinen Schusswunden erlegen, erklärte ein Berater von dessen Onkel. Diese Nachricht war auch einer Webseite der Reformbewegung zu entnehmen. In einem Amateurvideo war zudem zu sehen, wie eines der Todesopfer, ein älterer Mann mit blutüberströmten Gesicht, von Oppositionsanhängern weggetragen wurde. Aufgebrachten Demonstranten riefen: „Ich werde die Täter umbringen, die meinen Bruder getötet haben.“ Sie warfen Steine auf die Einsatzkräfte und setzten Dutzende Motorräder in Brand, wie sie von den Bassidsch-Milizionären eingesetzt werden.

Ausländische Reporter am Berichten gehindert

Die Polizei erklärte, sie habe keine Schusswaffen eingesetzt. Dutzende Beamte seien verletzt worden, mehr als 300 Demonstranten festgenommen worden. Unbestätigten Berichten zufolge wurden in Täbris vier Menschen getötet, wie die Website Rah-e-Sabs berichtete. Nach Angaben des französischen Außenministeriums kamen möglicherweise bis zu acht Menschen ums Leben. In einer in Paris herausgegebenen Erklärung verurteilte das Ministerium am Sonntagabend die Gewalt von Sicherheitskräften gegen oppositionelle Demonstranten.

Journalisten internationaler Nachrichtenmedien war es verwehrt, über die Kundgebung zu berichten. Wie in der Vergangenheit bei ähnlichen Zusammenstößen wurde das Mobilfunknetz abgeschaltet, Internetleitungen waren gedrosselt. Deutlich sichtbar war jedoch, dass über dem Zentrum von Teheran zeitweise schwarze Rauchwolken aufstiegen. Sirenen von Rettungswagen waren zu hören, Polizeihubschrauber kreisten über den Straßen.

Bereits am Samstag kam es zu ersten Zusammenstößen, wie die Betreiber von Rah-e-Sabs berichteten. Dabei wurden Tränengas und Pfefferspray gegen Demonstranten eingesetzt.

Die Spannungen im Iran begannen im Juni nach der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Die Situation verschärfte sich vor einer Woche nach dem Tod des regimekritischen Geistlichen Ayatollah Hossein Ali Montaseri. Am vergangenen Montag nahmen mehrere zehntausend Menschen an dessen Beisetzung in der heiligen Stadt Ghom teil.

Hardliner stören Rede Chatamis

Am Samstagabend sprengten rund 50 regierungstreue Aktivisten eine Rede des populären früheren Präsidenten Mohammad Chatami in Teheran. Wie die reformerische Website Salaam News berichtete, wurden einige der Zuhörer geschlagen, mehrere Menschen seien verletzt worden. Die Angreifer hätten dem obersten geistlichen Führer Ayatollah Ali Chamenei in Parolen ihre Unterstützung bekundet.