Abertausende Amerikaner haben am Freitag in Boston ganz persönlich Abschied von Edward Kennedy genommen.

Boston. Letzte Ehre für eine amerikanische Legende: Nach dem Tod von US-Senator Edward Kennedy sind bis zum Freitag tausende Bewunderer an seinem Sarg vorbeigezogen, der in der John-F.- Kennedy-Präsidentenbibliothek in Boston aufgebahrt war. Schon zuvor hatten zehntausende Menschen die Strecke gesäumt, die der Konvoi mit dem Leichnam am Donnerstag vom Familiensitz der Kennedys in Hyannis Port (Massachusetts) nach Boston nahm. In der Bibliothek füllten Trauernde zahlreiche Kondolenzbücher, Soldaten hielten an dem mit der US-Flagge bedeckten Sarg die Totenwache. „Abschied für einen Lieblingssohn“, schrieb die „Washington Post“ am Freitag.

„Es war das Bewegendste, das ich je im Leben gesehen habe“, sagte Pfarrer Jack Ahern von der Gemeinde Brookline, wo Kennedy einst getauft wurde. „Es ist so enorm viel Zuneigung da. Er hat etwas für uns alle getan“, sagte der Geistliche der „Post“. „Es ist so, als hätte man einen Familienangehörigen verloren“, zitierte die „New York Times“ eine Zuschauerin des Trauerzuges. Edward „Ted“ Kennedy, der den Bundesstaat Massachusetts 47 Jahre in Washington vertreten hatte, war am Dienstagabend mit 77 Jahren an einem Hirntumor gestorben.

Zeitweise mussten die Menschen mehr als drei Stunden warten, um einen Blick auf den Sarg werfen zu können. Vor der Präsidentenbibliothek wand sich eine lange Schlange Trauernder, die von Mitgliedern der Kennedy-Familie begrüßt wurden. Wegen des unaufhörlichen Stroms von Menschen öffnete die Gedenkbücherei am Freitagmorgen eine Viertelstunde früher als geplant.

Der Konvoi mit dem Leichnam war zuvor an wichtigen Stationen im Leben des Senators vorbeigefahren: an der Bostoner Faneuil Hall, wo er 1980 seine Bewerbung um die Präsidentschaft bekanntgab, die St.- Stephens-Kirche, in der die Trauerfeier für seine Mutter Rose stattfand, und dem nach seinem ermordeten Bruder John F. Kennedy benannten Hochhaus, wo das Büro des Senators untergebracht war.

Bereits am Freitagabend (1900 Uhr – Samstag 0100 MESZ) ist laut US-Medien eine Trauerfeier im engen Kreis geplant. Dabei soll der Senator und frühere republikanische Präsidentschaftsbewerber John McCain sprechen. Präsident Barack Obama wird bei den Trauerfeierlichkeiten am Samstag in Boston reden. Der Gottesdienst soll in der Basilika „Our Lady of Perpetual Help“ abgehalten werden, wo Kennedy oft für seine 2003 an Lungenkrebs erkrankte Tochter Kara betete. Sechs Jahre später besuchte der Senator die Kirche häufig, um selbst um Beistand im Kampf gegen den Tumor zu bitten. Am Donnerstagmorgen, berichtete die „Washington Post“, saß ein kleiner blauer Teddy-Bär auf den Stufen des Gotteshauses.

Zu der Trauerfeier am Sonnabend (1030 Uhr – 1630 MESZ) werden auch die Ex-Präsidenten Jimmy Carter, Bill Clinton und George W. Bush erwartet. George Bush senior sagte laut US-Medien seine Teilnahme ab. Am Samstagnachmittag (1730 Uhr – 2330 Uhr MESZ) soll Edward Kennedy auf dem Nationalfriedhof Arlington (Virginia) unmittelbar an der Stadtgrenze von Washington beigesetzt werden. Hier befinden sich auch die Gräber seiner ermordeten Brüder John F. Kennedy und Robert Kennedy, in deren Nähe er seine letzte Ruhestätte finden soll.

Für die Bundesregierung soll der Botschafter in Washington, Klaus Scharioth, an der Trauerfeier teilnehmen. Der Tod des Senators hatte weltweit Trauer und Bestürzung ausgelöst. Angehörige und Weggefährten, aber auch politische Gegner zollten Ted Kennedy Anerkennung für sein Engagement und für seine Lebensleistung. „Ein wichtiges Kapitel unserer Geschichte ist nun beendet“, betonte Präsident Obama. Bundeskanzlerin Angela Merkel schrieb: „Deutschland und Europa verlieren mit Senator Kennedy einen guten und geschätzten Freund.“

Kennedys Tod hat auch politische Auswirkungen. Obamas Bestreben, im Senat eine Mehrheit für seine Gesundheitsreform zu finden, ist nun noch mehr gefährdet. Ohne Kennedy fehlt den Demokraten rein rechnerisch die 60-köpfige Mehrheit, die nötig ist, eine Abstimmung über die Reformgesetze zu erzwingen. Führende Demokraten in Washington und in Massachusetts machen sich für einen Vorschlag stark, seinen Sitz vorübergehend mit einem „Ersatzsenator“ zu füllen, bis bei einer Wahl voraussichtlich im Januar endgültig über die Nachfolge Edward Kennedys entschieden wird.