Von Berlin ins Ländle: Bilkay Öney hat auch Hamburger Wurzeln und kritisiert die Türken: „Wir bleiben unter uns, spielen unsere eigene Musik.“

Stuttgart. Sie mag türkische Filmemacher, deutsche Satiriker und britische Teekultur: Bilkay Öney, Baden-Württembergs künftige Integrationsministerin, gibt sich weltoffen und vielschichtig. Um die Integration bemüht sich die Berlinerin seit Jahren – denn die Probleme sieht sie vor ihrer Haustür im Stadtteil Moabit jeden Tag. Die gebürtige Türkin zählt nicht zur ersten Riege der Berliner Landespolitiker, hat sich aber mit abgewogenen Positionen einen Namen gemacht. Dass viele Deutsche die Türken im Land noch immer wie vor 40 Jahren sähen, kritisierte sie einmal, und dass viele die vollständige Integration nicht wollten. Gleichzeitig machte Öney aber auch den Türken in Deutschland Vorwürfe: „Wir bleiben unter uns, spielen unsere eigene Musik.“

Öney arbeitet mit Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit in der Steuerungsgruppe Integration beim SPD-Bundesvorstand und vertritt einen breiten Integrationsbegriff: Nicht nur Zuwanderer würden ausgegrenzt, auch Arme, Alte, Arbeitslose, Behinderte. Geboren wurde sie 1970 in Ostanatolien. Im Jahr darauf gingen die Eltern nach Hamburg, 1973 folgte die Tochter nach. Zwei Jahre später zieht die Familie nach Berlin. Die Eltern arbeiten als Lehrer, die Tochter wird Pfadfinderin. Dort prägt Öney nach eigenen Worten ihren Sinn für Gleichberechtigung, soziale Verantwortung und Gerechtigkeit, Antirassismus und Antisemitismus. Sie studiert Betriebswirtschaft, arbeitet als Bankangestellte und Fernsehredakteurin. Den Wechsel in die Politik begründet sie mit Bertolt Brecht: „Wer gegen die Politik ist, ist für die Politik, die mit ihm gemacht wird.“

In der SPD danken die Genossen der 40-Jährigen für ihren aufsehenerregenden Wechsel von den Grünen zu den Sozialdemokraten vor zwei Jahren. Sie wolle für soziale Gerechtigkeit kämpfen, sagte sie damals. Die Grünen argwöhnten dagegen, die Abtrünnige fürchte die Konkurrenz einer anderen türkischstämmigen Migrationsexpertin, die zuvor von der SPD zu den Grünen gewechselt war. (dpa)