Hamburg. Die Reedereien haben Hygienekonzepte vorgelegt und dürfen wieder in See stechen. Wie Urlaub auf dem Schiff nun aussieht.

Leinen los: Die norddeutschen Kreuzfahrt-Reedereien nehmen ihren Betrieb wieder auf. Grundlage dafür ist ein umfassendes Sicherheits- und Hygienekonzept, das ab sofort verbindlich gilt. Tui Cruises bietet ab dem 24. Juli "Blaue Reisen" an. Sie starten mit der Mein Schiff 2 ab Hamburg und enden nach nach drei Übernachtungen an Bord wieder in Hamburg. Sie führen ohne Landgänge Richtung Norwegen.

Bei Aida Cruises geht "Aida Perla" am 5. August in Hamburg an den Neustart. Bei Hapag-Lloyd Cruises macht die "Hanseatic inpiration" am 31. Juli den Anfang. Das Ziel: die dänische Südsee. Alle Reisen finden mit deutlich reduzierter Passagierzahl statt.

Hamburg hat bei Kreuzfahrten grünes Licht gegeben

Gespannt warteten die Mitarbeiter von Hapag-Lloyd Cruises darauf, dass die Hamburger Behörden grünes Licht für den Neustart der Schiffe geben. Bis am Donnerstag endlich die erlösende Nachricht kam: „Es kann wieder losgehen“, freut sich Karl J. Pojer, Vorsitzender der Geschäftsführung. „Schließlich haben wir alles im Sinne der Gesundheit unserer Gäste und der Crew intensiv vorbereitet und begegnen der neuen Reise-Realität mit deutlich verschärften Präventions- und Hygienemaßnahmen.“

Die „Aida Perla“ soll Mitte August Richtung Norwegen aufbrechen – mit Passagieren.
Die „Aida Perla“ soll Mitte August Richtung Norwegen aufbrechen – mit Passagieren. © picture alliance

Ende Juli werden die ersten 5-Tage-Reisen der „Hanseatic inspiration“ ab und bis Hamburg starten. Die Ziele sind wegen der Pandemie allerdings nicht exotisch, sondern liegen praktisch vor der Haustür: Statt Panama-Kanal lockt eine Passage durch den 125 Jahre alten Nord-Ostsee-Kanal, die Südsee ist dänisch, und wer eigentlich nach Sansibar will, darf mit dem Cruising rund um Helgoland vorliebnehmen. Auch schön! Der Preis pro Person beträgt ab 2490 Euro.

„Lasst uns endlich wieder Fahren“ – so lautete ein häufig geäußerter Gästewunsch an die Hamburger Reederei für Luxus- und Expeditionskreuzfahrten. „Nun können wir wieder einzigartige Urlaubserlebnisse bieten, und zwar auf der Basis unseres umfassenden Sicherheitskonzepts. Denn wir nehmen unsere Verantwortung sehr erst und überstürzen nichts“, sagt Karl J. Pojer. An den Neustart wird auch die „Europa 2“ gehen, die im August bis zu den norwegischen Fjorden fährt. Alle Reisen sind bislang ohne Landgang geplant.

Kreuzfahrtschiffe schippern mit reduzierter Gästezahl

Damit geht für zahlreiche Crewmitglieder lähmende Lockdown zu Ende. Der Hamburger Kapitän Ulf Wolter (53 ), kann wieder auf die Brücke des Expeditionsschiffes „Hanseatic inspiration“ zurückkehren und mit einer deutlich reduzierten Gästezahl in See stechen.

„Wir freuen uns sehr endlich wieder Fahrt aufzunehmen“, sagt Ulf Wolter, der an der Elbe in Oevelgönne wohnt. Die Schiffe fahren nur mit 60 Prozent der Passagierkapazität, um noch mehr Abstand und Individualität zu bieten. Auf der „Hanseatic inspiration“ werden es gerade mal 150 und auf der „Europa 2“ 300 Gäste sein.

In den vergangenen Wochen schweiften die Blicke des Hamburger Seemanns häufig sehnsuchtsvoll auf die schönen Schiffe der Reederei. Gebaut, um auf den Weltmeeren zu fahren, steckten die „Europa“ und „Europa 2“, die „Hanseatic nature“ und „Hanseatic Inspiration“ jedoch im Hamburger Hafen in einer Zwangspause.

Corona während Antarktis-Expedition: "Unsere Reise ist zu Ende"

Die Gedanken von Ulf Wolter, der jahrelang Kapitän der „Europa 2“ war, kreisten in jenem Lockdown, der sein Urlaub war, um die Zukunft der Kreuzfahrtbranche. Und wanderten zuweilen zurück, als er am 15. März seinen Gästen auf der „Hanseatic inspiration“ eine schlechte Nachricht überbringen musste.

Das Kreuzfahrtschiff
Das Kreuzfahrtschiff "Europa 2" – hier während der Cruise Days im Hamburger Hafen – sticht bald wieder in See (Archivbild). © dpa

Nach einer Antarktis-Expedition lagen sie vor Rio der Janeiro, als Ulf Wolter fünf Worte sagen musste, die alles veränderten: „Unsere Reise ist zu Ende.“ Mit hohem logistischen Aufwand wurden die Gäste nach Deutschland geflogen, ebenso einige Crewmitglieder. „Danach kam der Marschbefehl aus Hamburg: auf nach Barbados!“, berichtet er.

Und so kam es, dass vor der karibischen Insel gut zwölf Kreuzfahrtschiffe lagen und auf neue Order warteten. Drei Wochen waren sie da und konnten nicht an Land. „In dieser schwierigen Zeit gab es aber auch sehr besondere und emotionale Momente“, sagt Wolter.

Paar lässt sich auf Kreuzfahrtschiff trauen

So nutze zum Beispiel ein langjähriges Paar unter den Crewmitgliedern die Muße und ließ sich von ihm als Kapitän an Bord trauen, wobei die versammelten Schiffe mit eindrucksvollen Klängen aus dem Schiffstyphon gratulierten. „Das waren schon wirklich Gänsehautmomente“ berichtet Wolter immer noch gerührt.

Auch bei der 16-tägigen Transatlantik-Passage war an neue Kreuzfahrten längst nicht mehr zu denken. Mit 113 Mann Besatzung schipperte die „Hanseatic Inspiration“ Richtung Hamburg. Wolter und alle anderen spürten, wie sehr ihnen die Gäste fehlten.

Am 2. Mai machte das Kreuzfahrtschiff im Hamburger Hafen fest. Alle Crewmitglieder waren – wie auch die Gäste – ohne Infektionen durch die erste Welle der Pandemie gekommen. Doch nach 50 Tagen auf dem Schiff konnte Kapitän Wolter noch immer nicht an Land und damit nach Hause. Es folgten vielmehr weitere sechs Tage, die er wegen der vorgeschriebenen Quarantänezeit seines Nachfolgers an Bord verbringen musste – nur drei Kilometer von seinem Haus in Oevelgönne entfernt.

Nord- und Ostsee: Fahrten mit Hochsee-Schlauchbooten

Als er schließlich auf der Gangway herabstieg, spürte er, wie die Last der Verantwortung wich. Doch nun freut er sich wieder auf die neuen Reisen. Gemeinsam mit leitenden Reedereimitarbeitern hat er das neue Routing in Nord- und Ostsee geplant, Wolter kennt es als Segelrevier.

„Ich bin glücklich, dass wir wieder die Segel setzen“, sagt er. Die Gäste können sich auf Routen freuen, die besonders für die kleinen Schiffe gemacht sind. „Und da wo es möglich ist kommen unsere Zodiacs zum Einsatz“. Die Gäste können sich dann auf Fahrten mit leistungsstarken Hochsee-Schlauchbooten freuen, die aus Abstandsgründen maximal mit sechs Personen besetzt sein werden.

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So sieht das Hygienekonzept auf dem Schiff aus

Wie Geschäftsführer Karl J. Pojer betont, umfasst das Präventions- und Hygienekonzept, das auf Basis der Leitsätze der zuständigen Behörden in Zusammenarbeit mit Experten und in Koordination mit CLIA erarbeitet worden ist, gut 90 Seiten.

Dazu gehören das Desinfizieren von Kontaktoberflächen an Bord im 30-Minuten-Takt, der Verzicht auf Selbstbedingungen am Büfett, das tägliche Fiebermessen bei der Crew und deren 14-tägige Quarantäne an Bord nach Anreise – trotz negativen Corona-Tests. „Wir gehen dabei aber noch über die behördlichen Bestimmungen hinaus“ so Pojer. In der Neustart Phase ist zwischen zwei Reisen ein kompletter Tag ohne Gäste eingeplant und ausschließlich der Desinfektion der Schiffe vorbehalten („Reset-Tag“).

Alle Gäste müssen vor der Reise einen Gesundheitsfrageboten ausfüllen. Zudem wird ihre Körpertemperatur bereits beim Check-In im Cruise Terminal gemessen. Die wichtigen Hygieneregeln wurden von Hapag-Lloyd Cruises in einem 10-Punkte-Plan zusammengefasst.

Die Passagiere, soviel ist sicher, werden sehr kooperativ sein. Schließlich verkauft die Reederei mit einem sehr hohen Anteil an Stammgästen, keine Kabinen, sondern einmalige Erlebnisse, ein Lebensgefühl von Freiheit und Noblesse mit einem Rundum-Sorglos-Paket. Eine Passagierin schrieb dem Geschäftsführer, sie wolle im November unbedingt an Bord ihren Geburtstag feiern. Ihr Wunsch dürfte wohl in Erfüllung gehen. „Das habe ich ihr versprochen“, so Pojer.

Wissenswertes zum Hamburger Hafen:

  • Der Hamburger Hafen ist der größte Seehafen Deutschlands und der drittgrößte Europas
  • Der Hamburger Hafen wird von der Hamburg Port Authority (HPA) verwaltet
  • Im Hamburger Hafen werden 13 Hafenbecken und Kaianlagen für den Warenumschlag oder spezifische Zwecke genutzt
  • Der Hamburger Hafen hat rund 320 Liegeplätze für Seeschiffe an 43 Kilometer Kaimauer