Hamburg. Michael Eggenschwiler spricht im Podcast „Entscheider treffen Haider“ über das Wachstum des Airports und seine größte Schwäche.

Michael Eggenschwiler wusste schon als Kind, dass er „irgendetwas mit Mobilität“ machen will. Seit 2005 ist der Schweizer Chef des Hamburger Flughafens. In der Abendblatt-Reihe „Entscheider treffen Haider“ spricht er über das Wachstum des Flughafens, über Freunde und Gegner, Nachtflugverbote und eine Verbindung nach New York.

Das sagt Michael Eggenschwiler über …

…das Verhältnis der Hamburger zu ihrem Flughafen:

„Ich fand es immer interessant, welch hohen Stellenwert der Flughafen bei den Hamburgern hat. Die Stadt hat einen ähnlichen Bezug zu ihrem Flughafen wie zu ihrem Hafen. Das liegt an der langen Geschichte des Flughafens, der 1911 gegründet wurde, und an der großen Mobilität der Hamburger.“

…die verspäteten Flüge nach 23 Uhr:

„Wir haben viel mit den Airlines gesprochen, um die in ganz Europa angespannte Situation in den Randstunden zu verbessern. Verspätungen können an schlechtem Wetter liegen, an Streiks, an Passagieren, die nicht rechtzeitig kommen, an technischen Gründen. Die Airlines haben ihre Umläufe verbessert, mehr Puffer eingeplant, die Bodenzeiten für Flugzeuge erweitert. Außerdem haben wir in der letzten halben Stunde, von 22.30 Uhr bis 23 Uhr, in diesem Sommer ein Drittel weniger Flüge als vor einem Jahr. All diese Maßnahmen haben dazu geführt, dass sich die Situation in Hamburg in diesem Jahr entspannt hat.“

…ein Vorziehen des Nachtflugverbots auf 22 Uhr:

„Das würde sich wirtschaftlich nicht rechnen, es gäbe Airlines, die Hamburg gar nicht mehr anfliegen würden. Und der Standort würde auch verlieren. Deshalb ist es wichtig, dass wir daran arbeiten, die Vorschriften einzuhalten, die es gibt. Zwischen null und sechs Uhr soll in Hamburg niemand starten und landen.“

…Strafzahlungen:

„Hamburg war immer Vorreiter bei Entgelten für Flugzeuge, die zu laut sind. Von denen haben wir Zuschläge genommen und belohnen leisere Maschinen. Wer in Hamburg zu spät kommt, kann schon mal 2000 bis 3000 Euro für eine Landung zusätzlich bezahlen. Das merken die Fluggesellschaften.“

…das Wachstum des Flughafens:

„2003 hatten wir in Hamburg zehn Millionen Fluggäste, 2019 waren es 17 Millionen. Wir rechnen mit zwei bis zweieinhalb Prozent mehr Passagieren pro Jahr in der nahen Zukunft. Die Anzahl der Flüge wird aber deutlich weniger stark steigen. In den vergangenen zehn Jahren hatten wir kein Wachstum bei den Flügen. Die Maschinen sind größer geworden, die Auslastung deutlich besser. Vor zehn Jahren war eine Auslastung von 50 bis 60 Prozent normal, heute sind es 80 Prozent und mehr.“

…das größte Problem des Flughafens:

„Unsere Herausforderung ist, dass wir auf unserem begrenzten Raum gewährleisten, dass die steigende Anzahl der Passagiere schnell zu ihren Flugzeugen kommt. Deshalb planen wir neue Fluggastbrücken, wollen die Sicherheitskon­trollen schneller machen.“

…die Gepäckaufgabe:

„Die automatische Gepäckaufgabe wird weiter zunehmen, irgendwann wird es ganz normal sein, dass jeder seine Koffer selbst aufgibt. Das ist jetzt schon sehr einfach, geht schnell, spart Warteschlangen und, wichtig für uns, auch Platz.“

...einen Tag der offenen Tür:

„Es ist ein ziemlich großer Aufwand, weil an so einem Tag 100.000 Leute zu uns kommen. Im Moment haben wir angesichts der Baustellen dafür schlicht keinen Platz, kurzfristig wird es leider keinen neuen Tag der offenen Tür geben.“

…sein Verhältnis zu Flughafengegnern:

„Ich treffe mich immer mal wieder mit Menschen, die über zu großen Fluglärm klagen, und natürlich gibt es Orte, an denen ich diese Klagen nachvollziehen kann. Mir ist der Dialog mit den Betroffenen sehr wichtig. Man muss nicht immer derselben Meinung sein, aber man muss sich den Diskussionen stellen. Das sind immer sehr anständige Gespräche. Der Vorteil des Flughafens ist, dass er mitten in der Stadt liegt. Aber das ist in einigen Bereichen auch ein Nachteil.“

…die Frage, ob sich ein Stromausfall wie vor einem Jahr wiederholen kann:

„Man darf nie nie sagen, bei Strom schon gar nicht. Bei uns sorgt eine neue Energiezentrale für eine noch höhere Redundanz der Systeme, sodass ich sehr zuversichtlich bin, dass so etwas nicht wieder vorkommt.“

…Flugzeuge, die Ziegel von Dächern abtragen:

„Das sind die sogenannten Wirbelschleppen, die sehr selten vorkommen. Pro Jahr haben wir fünf, sechs Fälle. Wenn es dann mal vorkommt, sind wir ganz schnell vor Ort, kümmern uns und reparieren. Und wir sprechen auch mit den Airlines, die die Rechnung bezahlen müssen. Solche Vorfälle lassen sich physikalisch leider nicht ausschließen.“

…Fridays for future:

„Die Bewegung spricht viele gesellschaftliche Entwicklungen an, die man diskutieren muss: Wie will ich reisen, will ich überhaupt reisen? Bin ich bereit, auf ein bestimmtes Verkehrsmittel zu verzichten, auch wenn dadurch meine Reise deutlich länger und unbequemer wird? Auf diese Fragen müssen wir Antworten finden. Jedes Verkehrsmittel sollte seine Stärke ausspielen. Das zeigt sich an der Strecke zwischen Hamburg und Berlin. Dort käme niemand auf die Idee, eine Flugverbindung einzurichten. Und die meisten fahren nach Berlin auch nicht mit dem Auto.“

…eine Verbindung zwischen Hamburg und New York:

„Wir sind dazu mit verschiedenen Airlines im Gespräch, es ist schade, dass wir diese Verbindung nicht mehr haben. Wenn man weiß, dass so eine Langstreckenmaschine 200 bis 250 Millionen Euro kostet, dann muss man auch sicher sein, dass die täglich voll ist.“