Hamburg. Gerrit und Frederik Braun füllen den Abendblatt-Fragebogen für Entscheider aus – und verraten, welche Besucher es schwer haben könnten.

Was wollten Sie als Kind werden und warum?

Frederik: Feuerwehrmann oder Lokomotivführer. Klingt langweilig, war aber klar, wenn man uns als Kinder beobachtet hat. Wir standen entweder am Bahnübergang und haben Züge katalogisiert, oder vor der Feuerwache und sind dem Löschzug mit dem Fahrrad hinterhergefahren.

Gerrit: Feuerwehrmann oder Rennfahrer.

Was war der beste Rat Ihrer Eltern?

Unsere Mutter ist leider früh gestorben, aber sie hat uns immer wieder geraten, unsere Träume zu leben und unserer Kreativität freien Lauf zu lassen. Das hat eindeutig hingehauen …

Wer war beziehungsweise ist Ihr Vorbild?

Frederik: Ich hatte nie so richtig ein Vorbild. Es gab Zeiten, da waren es Fußballer. Aber eigentlich habe ich schon immer an mich selbst geglaubt.

Gerrit: Würde ich ein Vorbild haben, so wäre ich kontinuierlich dabei, diese Person zu kopieren. Nein, ich finde fast täglich Aussagen oder Haltungen verschiedener Menschen, die mich inspirieren.

Was haben Ihre Lehrer/ Professoren über Sie gesagt?

Frederik: Du musst endlich deinen Arsch hochkriegen, sonst vergeudest du dein Talent.

Gerrit: Dein Bruder muss endlich seinen Arsch hochkriegen, sonst vergeudet er sein Talent.

Wann und warum haben Sie sich für den Beruf entschieden, den Sie heute machen?

Als Kinder wussten wir, dass wir, sollten wir nicht Lokführer werden, unsere eigene Firma gründen wollen. Es gab immer viele Ideen, was es werden könnte. Restaurants, Trödelmarkt, Autogrammhändler. So war es klar, dass irgendwann der Start in die Selbstständigkeit kam. Immer mit dem Credo, es muss etwas mit Menschen zu tun haben und bestenfalls gut für die Menschen sein. Aber aufgrund starker Orientierungslosigkeit nach der Schule haben wir uns eigentlich zu keinem Zeitpunkt direkt für einen langfristigen Weg entschieden. Es ist als logische Konsequenz aus vielen Kleinst-Entscheidungen alles einfach passiert.

Wer waren Ihre wichtigsten Förderer?

Wir selbst waren immer gegenseitig unsere treibende Kraft. Natürlich waren unsere Eltern diejenigen, die fest an uns geglaubt haben und uns alle Wege geebnet haben, aber wir haben uns wirklich gegenseitig am meisten geholfen. Beim Wunderland haben uns Herr Neuendorf von der Haspa und Herr Dr. Behn bzw. Herr Nelde immer sehr geholfen, dass sie von Anfang an an uns geglaubt haben. Was nur wenige getan haben …

Auf wen hören Sie?

Frederik: Nahezu zu 100 Prozent auf Gerrit und meistens auf meine Frau. Aber auch im Team sind wir unglaublich sensibel und versuchen, auf jede kleine Vibration zu achten.

Gerrit: Ich bin etwa zu einem Drittel ein Eigenbrötler, da höre ich primär auf mich selbst. Der größere Teil von mir hört viel auf meine Mitmenschen. Manchmal belabere ich sie aber auch, bevor ich sie „anhöre“, schon so, dass sie am Ende eigentlich nur bestätigen sollen, was ich hören möchte.


Was sind Eigenschaften, die Sie an Ihren Chefs bewundert haben?

Frederik: Ich hatte tatsächlich in meinem Leben nur einen Chef, in meiner Ausbildung, und den habe ich alles andere als bewundert …
Gerrit: Ich hatte noch keinen Chef.

Was sollte man als Chef auf keinen Fall tun?

Frederik: Golf spielen. Kein Scherz. Für mich ist das ein Zeichen dafür, dass man nicht mehr fest an der Basis verankert ist. Sachlicher: Das Gefühl vermitteln, etwas Besseres zu sein.

Gerrit: Den empathischen Kontakt zu den Mitarbeitern verlieren.

Was sind die Prinzipien Ihres Führungsstils?

Fairness, Gleichberechtigung, Menschenwürde, Hochachtung, Respekt, sowie auf die Eigenverantwortung der Mitarbeiter und ihren natürlichen Wunsch zur Selbstverwirklichung setzen und diesen fördern.

Wie wichtig war/ist Ihnen Geld?

Puuuh, schwer zu sagen. Es geht uns sehr gut, daher ist es immer leicht zu sagen, dass es nicht so wichtig ist. Das kommt von Menschen, denen es gut geht, immer so etwas unglaubwürdig rüber. Vielleicht ist Geld ein Hygienefaktor. Hygiene ist wichtig, aber andere Dinge sind wichtiger. Und es ging uns auch mal finanziell nicht so gut, als wir früh alleine wohnten und noch nicht erfolgreich waren. Aber auch da waren wir immer glücklich und voller Lebensfreude. Und immer verspielt …

Inwieweit bestimmt das Sein das Bewusstsein?

Frederik: Denke ich nie drüber nach. Ich bin einfach, und bin gerne da und lebe jeden Tag glücklich. Und das sehr bewusst.

Gerrit: Ich würde sagen, mir wird mein Sein immer bewusster, im Guten wie im Schwierigen.

Was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern?

Keinen Dienst nach Vorschrift. Wir hassen Regeln und Vorschriften. Wir möchten, dass der gesunde Menschenverstand regiert. Wunderländer sollen ein Bewusstsein für ihren Job entwickeln und ihn kreativ ausüben. Man braucht keine Regeln, wenn man sich mit dem Job identifiziert. Dann weiß man selbst, was richtig und falsch ist.

Worauf achten Sie bei Bewerbungen?

Frederik: Klar schaut man am Anfang auf das Papier. Ich aber meistens auf das Foto. Wen sehe ich? Ist mir die Person sympathisch? Später im Gespräch geht es natürlich auch um Fähigkeiten, aber am wichtigsten ist mir das Miteinander. Ich führe immer am Anfang einen Small Talk und stelle meistens witzige und dumme Fragen, um die angespannte Atmosphäre aufzulockern. Ich habe selten einen Plan. Das kann die Personalabteilung übernehmen. Ich rede drauflos. Ich locke mein Gegenüber aus der Reserve. Ich liege zu 90 Prozent richtig bei meinen Gedanken und Gefühlen nach einem kurzen Gespräch …

Gerrit: Bewerbungen kommen bei Frederik an. Ich finde, er macht das immer genau richtig, mit dem Menschen im Fokus. Und er hat exzellente Antennen für die Bedürfnisse seines Gegenübers.

Duzen oder siezen Sie?

Wir duzen alle im Wunderland. Den Gast aber nach Gefühl. Wer mit dem Du ein Problem hat, könnte es schwer haben im Wunderland.

Was sind Ihre größten Stärken?

Wir sind beide hyperperfektionistisch. Sehr emotional. Nahezu immer fair. Wir haben einen unbändigen Willen, Dinge zu verwirklichen. Kreativität.

Was sind Ihre größten Schwächen?

Wir sind ungeduldig, harmoniesüchtig, manchmal aufbrausend, etwas besserwisserisch.

Welchen anderen Entscheider würden Sie gern näher kennenlernen?

Frederik: Im weitesten Sinne ein Entscheider: Jürgen Klopp.

Gerrit: Donald Trump.

Was würden Sie ihn fragen?

Frederik: Ich bin ähnlich emotional und ecke damit auch manchmal an. Darüber würde ich mit ihm reden wollen.

Gerrit: Wie er sich die Welt im Jahre 2040 vorstellt. Mit der Hoffnung, bei ihm was bewegen zu können.

Was denken Sie über Betriebsräte?

Ehrliche Antwort – im Wunderland absolut überflüssig und aus unserer Sicht nur störend. Wir können uns vorstellen, dass es Unternehmen gibt, wo es wichtig ist, aber wir wollen mündige und selbstbewusste Mitarbeiter haben. Die kommen direkt zu uns, wenn es Probleme gibt und dann lösen wir sie. Oder sie akzeptieren es, wenn man es miteinander bespricht, warum es nicht geändert wird. Da brauchen wir keinen Betriebsrat.

Wann haben Sie zuletzt einen Fehler gemacht?

Eben gerade, als wir die vorherige Frage beantwortet haben und sicherlich einige Betriebsräte uns jetzt auf die Pelle rücken.

Welche Entscheidung hat Ihnen auf Ihrem Karriereweg geholfen?

Frederik: Mein Abi nicht nachzumachen. Ich bin durchs Abi gerasselt. Sonst wäre ich heute nicht da, wo ich bin.

Gerrit: Gar keine Karriere machen zu wollen.

Wie viele Stunden arbeiten Sie pro Woche?

Früher 60 bis 80. Heute mit tollen Kindern nur noch 45 bis 48.

Wie viele Stunden schlafen Sie (pro Nacht)?

Frederik: ca. fünf bis sechs Stunden.

Gerrit: neuerdings diszipliniert auf sieben, schaffen tue ich im Schnitt 6,5.

Wie gehen Sie mit Stress um?

Wir lieben ihn, da er meist positiv ist. Klar sagen Ärzte, dass es keinen positiven Stress gibt, aber ohne Stress wären wir nicht erfüllt. Wir brauchen 100 Projekte, um glücklich zu sein …

Wie informieren Sie sich (außer über das Hamburger Abendblatt, natürlich)?

Frederik: Aus Zeitgründen oft zu wenig. Wir versuchen immer die „Tagesschau“ zu sehen. Wöchentlich Weltspiegel. Im Auto mindestens 30 Minuten pro Tag NDR Info. Facebook, aber das stresst wirklich, da der Hass und die Angst mich immer mehr nerven.

Gerrit: Wechselnde, vielseitige Quellen. Bücher, verschiedene Zeitungen, Internet. Ich lese bewusst auch Publikationen Andersdenkender und vertraue nicht den Nachrichten-Vorschlägen auf meinem Handy. Wer das tut, wird sich in seiner Meinung immer mehr bestätigt fühlen, nicht mehr überrascht werden und die Welt als sehr einseitig wahrnehmen. Ich sehe genau dort die größte Gefahr der Digitalisierung und wünsche mir dringend positive Visionen, die zu einem Bewusstseinswandel in der Gesellschaft führen.

Wie kommunizieren Sie?

Am liebsten von Mensch zu Mensch. Viel lieber per Telefon als per SMS. Beruflich natürlich ganz viel per Mail. 100 bis 200 am Tag.

Wie viel Zeit verbringen Sie an ihrem Schreibtisch?

Extrem zu viel. Mindestens die Hälfte unserer Zeit. Dabei lieben wir es, an der „Front“ zu sein. Aber die Ideen müssen ja auch verarbeitet werden.

Wenn Sie morgen keine Lust mehr auf ihren Job hätten – gäbe es im Unternehmen einen Mann oder eine Frau, die sofort übernehmen könnten?

Diese Frage stellt sich zu 100 Prozent nicht … Wenn aber morgen einer von uns gegen einen Baum fährt, dann gibt es noch den anderen, oder auch unseren Bruder Sebastian und viele andere Zahnrädchen, die zusammen die Wunderlandwelt am Laufen halten würden. Aber einfach mal selbstbewusst gesagt: Nein, leicht wäre es für die nicht …

Wenn Sie anderen Menschen nur einen Rat für ihren beruflichen Werdegang geben dürften, welcher wäre das?

Jeder würde sagen „Glaub an Dich“ oder „Setze Dir Ziele“ und, und, und. Wir können aber etwas anderes sagen. Stehe deinen Mann oder deine Frau. Sag deine Meinung, auch und vor allem dem Chef (oder natürlich Chefin). Auch wenn es unbequem ist. Bring dich immer in Prozesse ein. Das erzeugt Aufmerksamkeit und sorgt dafür, dass du ernst genommen wirst. Gerade in großen Unternehmen geht es auch darum, überhaupt wahrgenommen zu werden.

Frederik: Ich mag es viel lieber, wenn jemand vor mir steht und mir klar sagt, dass ich z. B. eben etwas Ungerechtes gesagt habe. Das erzeugt Respekt und hilft beim eigenen Selbstwertgefühl.

Was unterscheidet die Menschen Braun von den Chefs Braun?

Wenig bis kaum etwas.

Worauf kommt es im Leben wirklich an?

Glück zu empfinden. Wie auch immer man sein persönliches Glück definiert. Es muss nicht immer das große sein. Manchmal reichen kleine Dinge, zu spüren, wie gut es einem geht. Wir Deutschen neigen viel zu sehr dazu, immer das Schlechte zu sehen. Oder in Angst zu leben, dass es uns schlechter gehen könnte. Dabei verliert man das Jetzt aus den Augen und vergisst zu genießen, wie gut es einem gerade eigentlich geht.

Und zum Schluss: Was wollten Sie immer schon mal sagen?

Frederik: Liebe Leute, die Ihr von Angst und Hass getrieben in irgendwelche komischen Parteien flüchtet: Seid froh, dass Ihr in der heutigen Zeit in dieser tollen Stadt lebt. Es hätte Euch tausendmal schlechter treffen können.

Gerrit: Alles ist so, wie es ist, früher war nicht alles besser und die Zukunft sollte die sein, die wir uns als Menschen mit unseren eigenen Bedürfnissen wünschen und nicht eine von gewinnmaximierenden Konzernen ausgedachte. Dazu brauchen wir einen Bewusstseinswandel weg von der Angst hin zu positiven Zukunftsvisionen. Denn wir können dem System aus Angstmachern und Raffzähnen durch unsere täglichen Entscheidungen seine Energie entziehen.