Washington. Die USA rätseln über die Psyche des Todesschützen von Las Vegas. Die Ermittler hoffen nun auf die Aussagen seiner Lebensgefährtin.

Was Stephen Paddock zum schlimmsten Massaker in der jüngeren amerikanischen Geschichte getrieben hat, bleibt weiter ein Mysterium. Obwohl der Nachname schillernd ist. Vater Benjamin Hoskins Paddock war ein psychopathischer Bankräuber. Ende der 60er-Jahre stand er nach einem Gefängnisausbruch auf der FBI-Liste der meistgesuchten Verbrecher.

Von Stephens Bruder Eric weiß man, dass es sich bei dem pensionierten Buchhalter um einen „weder politischen noch religiösen“ Hochrisiko-Spieler und zurückgezogen lebenden Countrymusik-Fan gehandelt haben soll. Einmal gewann Paddock, der es durch Immobiliengeschäfte in Texas zum Multimillionär brachte, beim Video-Poker 250.000 Dollar.

Zweimal geschieden, kinderlos, einer von drei Brüdern

Trotz Waffen- und Jagdschein will Eric Paddock seinen Bruder, der bis Ende der 80er-Jahre für eine Firma arbeitete, die später im Flugzeugbau-Konzern Lockheed Martin aufging, nie als schießwütig oder gewalttätig erlebt haben. Stephen Paddock fuhr oft 130 Kilometer aus seinem bei Ruheständlern wegen der trockenen Hitze beliebten Örtchen Mesquite an der Grenze zu Arizona ins Spielerparadies Las Vegas.

Stephen Paddocks Haus in Mesquite bezeichnet die dortige Polizei als „normal, aufgeräumt und sauber“. Nachbarn beschrieben den Todesschützen als „unauffälligen, wortkargen Einzelgänger“. Paddock, zweimal geschieden, kinderlos, besaß ein zweites Anwesen im Norden von Nevada nahe der anderen Spieler-Stadt Reno.

Halbautomatische Waffen illegal umgerüstet

Das Verhältnis in der Familie war abgekühlt. „Wir sprachen nicht viel“, sagte Eric Paddock, einer von drei Brüdern. Der letzte Kontakte habe sich nach Hurrikan „Irma“ ergeben. Stephen Paddock soll sich per Text-Mitteilung nach seiner 89 Jahre alten Mutter erkundigt haben, die in Florida lebt. Er schickte ihr eine Gehhilfe.

Dass Paddock ein Doppelleben geführt haben muss, ergibt sich aus den Funden der Polizei. In seinem Zimmer im Mandalay Bay Hotel fand das Sondereinsatzteam neben der Leiche 23 Feuerwaffen und massenweise Munition. Einige der Schnellfeuer-Gewehre (Typ AR-15) seien halbautomatisch gewesen, andere waren mit sogenannten „bump stocks“ illegal zu vollautomatischen Killermaschinen umgerüstet.

Sämtliche Waffen hatte Paddock legal erworben

In seinem Haus in Mesquite fanden sich weitere 19 Feuerwaffen, und ebenfalls mehrere Tausend Schuss Munition. In seinem Auto war Ammoniumnitrat gelagert, eine Grundsubstanz für den Bau von Bomben. Sämtliche Waffen erwarb Paddock nach bisherigem Stand der Ermittlungen auf rechtmäßigem Weg. Waffenhändler erklärten gegenüber US-Medien, dass der Kunde Paddock „nie auffälliges Sozialverhalten“ an den Tag gelegt habe und alle bürokratischen Hürden vor dem Kauf ohne Beanstandung genommen habe.

Wann und warum Paddock seinen mörderischen Plan fasste, ist unbekannt. Weder gibt es laut Polizei ein Bekennerschreiben, noch hat der Rentner in sozialen Netzwerken oder gegenüber Freunden Signale hinterlassen. Weil Hinweise auf eine Radikalisierung bisher nicht vorliegen, haben FBI und andere Sicherheitsorgane die Selbstbezichtigung des „Islamischen Staats“ (IS) als Trittbrettfahrerei verworfen. Danach soll der 64-Jährige zum Islam konvertiert sein und sich dem Terrornetzwerk als „Soldat“ zur Verfügung gestellt haben.

Las Vegas-Attentat: FBI sieht keine Verbindung des Täters zum IS

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    Vielleicht weiß Marilou Danley, was in seinem Kopf vorging

    Stephen Paddock hat keine Polizei-Biografie. Bis auf ein Jahre zurückliegendes „Knöllchen“ gibt es in sämtlichen Dateien der Sicherheitsbehörden keinen Eintrag. Die Hoffnungen der Fahnder ruhen auf Marilou Danley. Die 62-jährige Lebensgefährtin des Todesschützen, eine ehemalige Casino-Hostess, die zur Bespaßung von Zockern angestellt war, die mit hohen Einsätzen operieren, hielt sich zur Tatzeit in Asien auf. Ihre Rückkehr wird sehnlich erwartet. Sie hat mit dem Massenmord nichts zu tun, sagt das FBI. Aber vielleicht weiß sie, was in seinem Kopf vorgegangen sein könnte.