Immer mehr junge Leute tun alles, um bald ausgesorgt zu haben. Aber zum Glück gibt es noch eine Alternative.

Der sieben Jahre alte Ryan aus den USA spielt gern mit Lego, Autos und Zügen. So wie jeder stinknormale Junge in seinem Alter auch. Der einzige Unterschied: Er scheffelt Millionen damit.

Das amerikanische „Forbes“-Magazin hat jetzt eine Liste der zehn bestverdienenden YouTuber der Welt veröffentlicht. Demnach hat Ryan zwischen Juni 2017 und Juli 2018 unfassbare 22 Millionen US-Dollar mit seinem Video-Kanal „Ryan ToysReview“ verdient – das sind umgerechnet rund 19,4 Millionen Euro. Ich kann Neid nicht ausstehen, aber: Für diese Summe müsste ich noch weit mehr als 500 Jahre (!) arbeiten ...

Das Konzept: Bei YouTube können Eltern und Kinder Ryan dabei zusehen, wie er Spielzeug testet. Das war’s. Seitdem der Kanal im März 2015 ins Leben gerufen wurde, hat er 26 Milliarden Aufrufe geerntet. Der Grundschüler kommt auf mehr als 17 Millionen Abonnenten. Inzwischen gibt es unter seinem Namen sogar Spielzeug in einer US-Supermarktkette zu kaufen. Total verrückt.

Natürlich möchte ich Ihnen die weiteren Topverdiener nicht vorenthalten. Auf Platz zwei des Rankings liegt der 21 Jahre alte Jack Paul mit einem geschätzten Jahreseinkommen von 21,5 Millionen Dollar. Der YouTuber und Schauspieler rappt und spielt Streiche in seinen Videos. Die Stunt-Gruppe Dude Perfect schaffte es mit 20 Millionen Dollar auf Platz drei.

Fest steht: Der siebenjährige Ryan hat ausgesorgt. Bevor er überhaupt angefangen hat zu arbeiten. Einen ähnlichen Traum verfolgen auch die Anhänger der Fire-Bewegung: Sie wollen so früh wie möglich aus dem Berufsleben wieder aussteigen. Fire steht für „Financial Independence, Retire Early“ – also finanzielle Unabhängigkeit, früher Ruhestand. Alles dreht sich um die Frage: Wie werde ich erfolgreicher Frührentner – mit Anfang 30?

Unvorstellbar. Für mich würde das bedeuten, dass ich in vier Jahren aufhören könnte zu arbeiten. Wie soll das bitte funktionieren? Wovon kaufe ich mir Essen? Wie soll ich meine Miete bezahlen? Und bedeutet das, nie wieder in den Urlaub verreisen zu können? Angeblich ist die Lösung ganz simpel: In den ersten Berufsjahren muss halt so viel Geld angespart werden, dass es für den Rest des Lebens reicht. Klar, nichts leichter als das. Oder?

In der britischen Zeitung „The Guardian“ habe ich von mehreren Menschen gelesen, die nach diesem Modell leben. Wie zum Beispiel der 24 Jahre alte Jordan Hall. Der kaufmännische Leiter verdient rund 56.000 Euro im Jahr – davon legt er die Hälfte zur Seite. Hall führt einen minimalistischen Lebensstil. Er fährt Rad, kauft sich keinen Kaffee bei Starbucks, geht nicht im Restaurant essen und ist von London ins günstigere Manchester gezogen. In zehn Jahren will er seinen Job kündigen.

Doch es gibt einen klitzekleinen Haken: Neben Sparsamkeit und Verzicht benötigt man ein gutes Einstiegsgehalt. Hoppla. An diesem Punkt scheitern wohl die meisten jungen Menschen, weil sie nur zu gern in befristeten Verträgen stecken und bloß von Jahr zu Jahr denken können.

Außerdem frage ich mich: Ist es wirklich so erstrebenswert, schon mit Anfang 30 Schluss zu machen? Ich finde nicht. Wenn ich plötzlich so viel Freizeit hätte, würde ich meine Tage nicht vor dem Fernseher verplempern wollen. Dann würde ich die gewonnene „Freiheit“ für etwas Besonderes nutzen – zum Beispiel, um die Welt zu entdecken, ein neues Hobby auszuprobieren, eine fremde Sprache zu lernen. Weiß der Geier. Aber all das kostet leider Geld.

Die Fire-Bewegung ist jedenfalls aktueller denn je. Wahrscheinlich hat noch keine Generation so viel Wert auf eine vernünftige Work-Life-Balance gelegt wie meine. Es ist kein Statussymbol mehr, als Letzter das Licht im Büro auszuknipsen. Wir definieren uns weniger über unseren Job. Stattdessen würden wir für mehr Freizeit sogar auf einen Teil unseres Gehalts verzichten.

Aber neben einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Privat- und Berufsleben gibt es noch eine andere Alternative zum Ruhestand mit 30. Wie wäre es, wenn wir uns einfach einen Job aussuchen, der uns Spaß bringt? Dann müssten wir auch nicht die Tage bis zur Rente zählen. Oder ich mache es wie Ryan und werde YouTuberin ...