Badendorf. Heidi Hamann ist an Leukämie erkrankt und sucht einen Stammzellenspender. Typisierungsaktion an diesem Sonntag in Badendorf.

Es ist ein Tag im Oktober, an dem die Welt von Heidi Hamann zusammenbricht. Von ihrem Arzt bekommt sie die Schock-Diagnose: Sie hat eine tödliche Krankheit. Blutkrebs. Um das Leben der 52 Jahre alten Frau aus Badendorf zu retten, organisieren Freunde für diesen Sonntag eine Typisierungsaktion. Denn Heidi Hamann braucht dringend Stammzellen von einem passenden Spender.

Zur Zeit ist sie im Krankenhaus und macht dort eine Chemotherapie. Mit dem Hamburger Abendblatt hat sie über ihren Albtraum gesprochen, der bittere Realität geworden ist. „Ich war müde und habe immer länger geschlafen“, erzählt Heidi Hamann mit schwacher Stimme über die Wochen vor der Diagnose. Aus sieben Stunden Schlaf wurden neun. Doch die Müdigkeit blieb. Dann kamen die Schmerzen. Erst taten die Rippen weh, dann der Magen.

Im September kam der Zeitpunkt, an dem sie ahnte, dass etwas nicht stimmt. „Ich habe einen Termin bei meinem Arzt für eine Blutuntersuchung gemacht.“ Das Ergebnis war beunruhigend. Während das Blut gesunder Menschen zwischen 150.000 und 450.000 Thrombozyten pro Mikroliter aufweist, fanden sich in dem Blut von Heidi Hamann nur 25.000 Blutplättchen. Die Zellkörper spielen unter anderem für die Blutgerinnung und Wundheilung eine wichtige Rolle. Ihr Fehlen kann verschiedene Ursachen haben.

Sie hat im Internet nach der Ursache recherchiert

Die Diagnose ihres Arztes konnte sie nicht abwarten. „Dann habe ich im Internet recherchiert“, sagt Hamann, die zu dem Zeitpunkt immer schlechter Luft bekam. Die Ergebnisse der Suche beunruhigten die Badendorferin immer mehr. Aus einem schlechten Gefühl wurde Angst. Denn die Mangelerscheinung kann auf Leukämie hinweisen. Die tückische Krankheit wird auch als Blutkrebs bezeichnet. Je nach Verlauf können Erkrankte innerhalb von Monaten oder sogar Wochen sterben.

„Dann kam der schreckliche 27. Oktober“, sagt Heidi Hamann und stockt. Der Tag, an dem der Arzt ihre Selbstdiagnose bestätigte. „Dann fällt man in ein Loch. Das Gefühl ist unbeschreiblich“, sagt sie und versucht es trotzdem: „Als sei ich in Watte gepackt gewesen. Ein dumpfes Gefühl der Angst.“

Bei Leukämie zählt jeder Tag

Dann ging alles ganz schnell. Die Ärzte handelten sofort. Bei Leukämie zählt jeder Tag. Sie kam ins Krankenhaus. Chemotherapie. Eine für den Körper belastende, aber notwendige Behandlung. Durch starke Medikamente sollen die Krebszellen zerstört oder zumindest geschwächt werden. Doch die Therapie greift auch gesunde Zellen an. Für eine Heilung braucht Heidi Hamann jetzt dringend eine Stammzellenspende.

Ein Schock war die Diagnose nicht nur für die 52-Jährige, sondern auch für ihre Familie, Freunde, Arbeitskollegen und Nachbarn. In ihrem Heimatort Badendorf – eine 800-Seelen-Gemeinde im Norden des Kreises Stormarn – hat sich das Schicksal der Pferdeliebhaberin schnell herumgesprochen. Es ist eine enge Gemeinschaft. Die Menschen geben aufeinander Acht – und so auch auf Heidi Hamann.

„Heidi hat seit 30 Jahren ihre Pferde bei uns, mittlerweile ihr drittes“, sagt Freundin Claudia Leinius vom gleichnamigen Reiterhof in der Gemeinde. „Sie ist ein fröhlicher und herzensguter Mensch.“ Warum es immer die Guten treffe, fragt sie ich. Die Diagnose habe sie geschockt, sagt Leinius. Damit die Pferdeliebhaberin Heidi Hamann ihren Edelblut-Hafflinger „Consi“ auch im Krankenhaus sehen kann, stellten die Hofbesitzer eine Webcam im Pferdestall auf: „Sie ist tierlieb und ihr Pferd ist ihr so wichtig. Deswegen wollten wir, dass sie immer nach ihm sehen kann. Wir unterstützen sie, so gut es geht.“ Das gilt für alle Badendorfer.

Die Hilfsbereitschaft im Dorf ist überwältigend

Bei einem Treffen beschließen die Badendorfer Vereine, der erkrankten Dorfbewohnerin zu helfen und eine Typisierung zu organisieren. Die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) wird informiert. „Die haben uns dabei sehr gut unterstützt“, sagt Claudia Leinius. Freiwillige können sich dort per Wangenabstrich in die Datenbank aufnehmen lassen. Das ist nötig, weil die Suche nach einem passenden Stammzellenspender extrem schwierig ist. Denn das genetische Material des Spenders muss zu jenem von Heidi Hamann passen. Die Chancen dafür liegen in diesem Fall bei etwa 85 Prozent. „Vielleicht ist ja ein passender Spender dabei. Aber die Typisierung könnte ja auch anderen helfen“, sagt Claudia Leinius.

Heidi Hamann ist von der Hilfsbereitschaft aus ihrem Dorf überwältigt: Ich habe wohl die tollsten Freunde der Welt.“ Und auch etwas anderes macht ihr Mut. Eine Frau aus den USA fand vor vier Jahren ihren genetischen Zwilling und damit einen passenden Stammzellenspender in Deutschland. „Das war der Sohn meines Cousins. Er hat der Frau mit seinen Stammzellen das Leben gerettet.“ Darauf hofft sie nun auch.

Typisierung am 2. Dezember: Hier können Sie helfen

Freiwillige können sich am Sonntag, 2. Dezember, zwischen 12 und 16 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus (Dorfstraße 43a) in Badendorf typisieren lassen. Blut wird dabei nicht abgenommen. Es reicht ein Wangenabstrich. Potenzielle Spender müssen zwischen 17 und 55 Jahre alt sein. „Die Registrierung geht einfach und schnell“, sagt Christian Werheid von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS). „Nach dem Ausfüllen einer Einverständniserklärung folgt beim Spender ein Wangenschleimhautabstrich mittels Wattestäbchen, damit seine Gewebemerkmale im Labor bestimmt werden können.“ Spender, die sich bereits in der Vergangenheit bei einer Aktion registrieren ließen, müssen nicht erneut mitmachen. Einmal aufgenommene Daten stehen auch weiterhin weltweit für Patienten zur Verfügung. Bei einer Übereinstimmung hat der Spender immer noch die Möglichkeit, sich gegen eine Stammzellenentnahme zu entscheiden.

Bei der Knochenmarkentnahme wird dem Spender unter Vollnarkose etwa fünf Prozent seines Knochenmarks aus dem Beckenkamm entnommen. Innerhalb von etwa zwei Wochen regeneriert sich das Knochenmark beim Spender. In vielen Fällen reicht auch eine sogenannte periphere Stammzellenspende, bei der keine Operation notwendig ist. Die Entnahme erfolgt dann direkt über das Blut. Das dauert nur wenige Stunden. Die Prozedur ähnelt einer gewöhnlichen Blutspende.

Für wen aus gesundheitlichen Gründen eine Typisierung nicht in Frage kommt, kann spenden (IBAN: DE82 2105 0170 1001 6228 18). Denn ein Test kostet die DKMS 35 Euro. Weitere Typisierungsaktionen sind auch auf der Internetseite der Knochenmarkspenderdatei (www.dkms.de) gelistet. Teststreifen können von der DKMS auch online angefordert werden.