Warum der Bundeskanzler im Ampelstreit so ruhig bleibt – und Auseinandersetzungen der Grünen mit der FDP sogar einkalkuliert

Es heißt, dass Olaf Scholz kein Hobby braucht, um runterzukommen, weil er gar nicht erst hochkommt. Der Bundeskanzler verliert nie die Ruhe, nicht in Telefonaten mit dem russischen Kriegstreiber Wladimir Putin und schon gar nicht, wenn sich seine beiden Koalitionspartner wieder einmal verzanken. Verglichen mit dem Krieg in der Ukraine sind die Streitereien in der Ampel-Regierung sowieso Kleinigkeiten, die vielleicht die Hauptstadt-Presse aufregen, Olaf Scholz aber überhaupt nicht. Wer sich unter einem Regierungschef jemanden vorstellt, der regelmäßig auf den Tisch haut und ein Machtwort nach dem anderen spricht, wird von dem Kanzler enttäuscht sein. So war Scholz nie, und so wird er nicht sein, weil diese Art der Führung nicht seinem Naturell entspricht und weil er fest davon überzeugt ist, dass sie sich schnell abnutzt.

Seine Strategie ist eine andere, und sie wird immer wieder Situationen wie in der vergangenen Woche provozieren. Scholz gibt seinen Ministerinnen und Ministern sehr viel Freiraum, sie sollen sich entfalten können und nicht das Gefühl haben, ständig im Schatten des Kanzlers zu stehen. Der mag Scheinwerferlicht und Fernsehkameras sowieso nicht besonders und teilt beides deshalb gern mit den Mitgliedern seiner Regierung. Scholz weiß: Nur wenn er den anderen die Möglichkeit gibt, glänzen zu können, werden sie nach der nächsten Bundestagswahl ein Interesse daran haben, mit ihm und seiner SPD weiterzumachen – und das ist sein Ziel.