Hamburg. Abendblatt-Kolumnist Hajo Schumacher hat eine Entschuldigung geschrieben, die das wahre Versagen in den Mittelpunkt stellt.

Ehrenhaft, dass die Kanzlerin einen Kniefall von Brandt’scher Dimension hingelegt hat. Sie hat sich leider für die falschen Fehler entschuldigt. Die vergurkte Osterruhe bildete ja nur den vorläufigen Endpunkt eines Fehlerdominos.

Eine richtigere Entschuldigung hätte etwa so geklungen: „Wir waren vor einem Jahr zu selbstgewiss, weil wir damals die erste und bislang einzige Strategie erfolgreich umgesetzt hatten: flatten the curve. Alles dicht. Das können wir. Von da an haben wir mit unserer Selbstüber- und -unterschätzung leider viel vermasselt. Eine App hätte Kontakte aufzeichnen, Impftermine und Ergebnisse von Selbsttests verwalten können. Wir können ja auch Abschaltvorrichtungen für Auspuffe. Es ist mir übrigens unangenehm, dass mein Kanzleramtsminister Helge Braun halböffentlich erklärt, die Menschen in Südostasien würden so eine Technik zuverlässig bedienen, wir Deutschen dagegen eher flunkern. Außerdem hätten wir eine Produktion für Masken und Schnelltests aufbauen sollen; Promilletests gibt’s auch an jeder Tanke. Schließlich könnten wir den Menschen mehr zutrauen, zum Beispiel unseren Physiklehrern, die mit ihren Schülern Lüftungsanlagen bauen, die nicht das Stromnetz zerfetzen. Eine Anleitung hat das Max-Planck-Institut vor zehn Monaten veröffentlicht, mit Teilen für 200 Euro aus dem Baumarkt. Zudem ist mir peinlich, dass unsere legendäre Kultusministerkonferenz keine nennenswerten Konzepte für Unterricht in der Pandemie geleistet hat – wenn man den Saftladen einmal braucht. Vielleicht besser so, sonst hätten wir Lehrerinnen und Kita-Kräfte vorneweg impfen müssen. Ich gelobe: Bei der nächsten Pandemie werden wir Pläne in den Schubladen haben wie Singapur, wir werden wie die Chilenen überall Impfstoff bestellen, statt hochnäsig über russische oder chinesische Vakzine zu grinsen. Und wir werden komplexere Aufgaben an Fachleute delegieren, anstatt alles selbst zu machen. Hat schon beim BER nicht geklappt. Immerhin wissen wir jetzt, wo wir stehen, nicht nur fußballerisch: im Mittelmaß.“