Berlin. Berlin ist nicht länger eine Pleite-Metropole. In den üppigen Reserven des Landes stecken aber auch Risiken, meint Joachim Fahrun.

Berlin sieht zwar noch an vielen Stellen aus wie eine arme Stadt. Aber der Schein trügt. Die einstige Pleite-Metropole, die den Bund – erfolglos – auf Milliardenhilfen verklagte, hat sich in ein durchaus prosperierendes Gemeinwesen verwandelt. Dass der Senat 2019 das vierte Jahr in Folge seinen Haushalt mit einem Überschuss von mehr als einer Milliarde Euro abschließen kann, hätte sich zu Zeiten des „Sparen-bis-es-quietscht“ niemand träumen lassen.

Der rot-rot-grüne Senat will und kann das viele Geld nicht einfach unters Volk jubeln, auch wenn man sich zuletzt großzügig zeigte. Etwa bei den Tarifabschlüssen für den Landesdienst oder die BVG. Oder bei der Finanzierung der Hochschulen. Aber immer noch bleiben erhebliche Summen übrig, 1,3 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Finanzsenator Matthias Kollatz spielt Eichhörnchen: Er bunkert Milliarden in allen möglichen Speichern, als Vorsorge für schlechtere Zeiten. Die Aufgabe, die Infrastruktur einer armen Stadt zu erneuern, ist enorm. Schulen, Behörden, Kitas, Universitäten, Straßen, U-Bahnwagen, Radwege und Grünanlagen: Überall hat der Sparkurs seine Spuren hinterlassen.

Dennoch bergen die Reserven einige Risiken. Dabei ist die Missgunst der Länder, die Berlin über den Finanzausgleich immer noch mitfinanzieren, nicht mal das größte. Bei der Modernisierung muss dringend mehr passieren. Sonst wird es den Bürgern und Politikern kaum zu vermitteln sein, warum sie das Geld nicht lieber für ihre Lieblingsvorhaben ausgeben dürfen. Die Kontrolle über die diversen Spardosen muss verbessert werden. Die gewählten Abgeordneten und nicht nur die Verwaltungsmitarbeiter müssen aktiver entscheiden, welche Projekte realisiert, welche gestrichen und welche verschoben werden. Da können sich die Prioritäten über die Jahre schon mal verändern. Diese Flexibilität sollte möglich bleiben.

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