Berlin. Die neue „Respekt-Rente“ ist zwar durchaus gut gemeint. Trotzdem ist sie fehl am Platz. Den den meisten Menschen kann sie nicht helfen.

Jetzt kommt also die „Respekt-Rente“. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) unternimmt im Auftrag der schwarz-roten Koalition den Versuch, etwas zusammenzubringen, was nicht zusammengehört: Er will das System der Rentenversicherung mit dem System der Grundsicherung zwangsverheiraten.

Vier solcher Anläufe gab es in den vergangenen sieben Jahren schon. Nun soll es endlich klappen. Die Begründung: Es ist ungerecht, wenn jemand nach 35 Jahren Arbeitsleben nur so viel Geld bekommt wie jemand, der gar nicht gearbeitet hat.

Auf den ersten Blick erscheint das nachvollziehbar. Der zweite Blick aber zeigt: Rente und Grundsicherung sind zwei völlig verschiedene Systeme. Wer sie verbindet, schafft neue Ungerechtigkeiten. So könnten Rentner, denen die Politik großzügig „Respekt“ zollt, ohne eigenes Zutun mehr Alterseinkünfte bekommen als jene, die brav ihre Beiträge gezahlt haben, aber leider nur 34 Jahre lang.

Keine Missverständnisse entstehen lassen

Diese Rentner bekommen dann nicht nur keinen „Respekt“. Sie dürften sich an der Nase herumgeführt fühlen. Was für ein groteskes Ergebnis. Dass die Rentenpolitik voll ist von solchen aus guter Absicht heraus entstandenen Ungerechtigkeiten, macht es nicht besser.

Die Rentenversicherung basiert auf dem Prinzip, dass hohe Einzahlungen einen Anspruch auf eine hohe Rente bewirken. Niedrige Beiträge führen zu niedrigen Renten. Wer jahrelang zu niedrigen Stundenlöhnen oder in Teilzeit gearbeitet hat oder gar arbeitslos war, der erhält eine niedrige Rente. Um keine Missverständnisse entstehen zu lassen: Das ist beklagenswert. Aber der Missstand lässt sich nicht dadurch lösen, dass diese Menschen plötzlich einen extra Rentenbonus bekommen. Mit welchem Recht? Aus Mitleid?

Für alle, die nicht von ihrer Rente leben können, gibt es die Grundsicherung im Alter. Diese Leistung richtet sich nicht danach, was jemand früher eingezahlt hat, sondern danach, ob er oder sie Hilfe des Staates benötigt, weil nichts anderes mehr geht. Es ist niemandem zu wünschen, dass er vom untersten sozialen Netz in Deutschland aufgefangen werden muss.

Aber anders als in anderen Industriestaaten – siehe USA – gibt es dieses Netz immerhin. Die anhaltende Diskussion, dass man niemandem zumuten könne, davon zu leben, entwertet diese Sicherheitslinie. Genau das ist auch die Botschaft der „Respekt-Rente“: Die Grundsicherung ist schlecht. Wen wundert es, dass dadurch das Vertrauen in den Sozialstaat erodiert?

Nur rund 150.000 Menschen profitieren von „Respekt-Rente“

Altersarmut ist in jedem einzelnen Fall eine schreckliche Erfahrung. Aber anders als die politische Diskussion vermuten lässt, ist sie in Deutschland kein massenhaftes Problem. Die Angst davor, die ist weit verbreitet. Aber aktuell bekommen nur drei Prozent der Rentner Grundsicherung im Alter. Davon haben drei Viertel schon vorher staatliche Fürsorgeleistungen wie Arbeitslosengeld II bezogen.

Den meisten dieser Menschen kann auch die „Respekt-Rente“ nicht mehr helfen: Sie erfüllen die Voraussetzungen wie 35 Jahre Arbeitsleben nicht. Ihnen wäre mit bedarfsorientierten Hilfen wie höherem Wohngeld mehr geholfen. Unter dem Strich sind es deshalb auch nur rund 150.000 Menschen, die überhaupt von der „Respekt-Rente“ profitieren.

Auch künftige Altersarmut kann die neue Rente nicht verhindern. Dafür braucht es mehr Jobs, mehr Rückkehrchancen in Vollzeit oder schlicht höhere Löhne. Nein, diese Rentenpläne sind purer Aktionismus, der vor allem auf die Landtagswahlen in Ostdeutschland zielt, wo sich CDU und SPD gegen die AfD behaupten müssen. Die Rente ist das Thema, bei dem die AfD rein gar nichts anzubieten hat. Die „Respekt-Rente“ ist populistischer Unfug.