Berlin. Die Fälle von Bottrop und Amberg zeigen die ganze Bandbreite der Folgen der Flüchtlingskrise. Doch schrille Töne nützen jetzt wenig.

Noch 17 Tage ist Horst Seehofer CSU-Chef. Bundesinnenminister möchte der bald 70-Jährige länger bleiben. Jetzt hat Seehofer die Prügeltour von vier jungen Asylbewerbern im bayerischen Amberg scharf verurteilt. Das ist sein gutes Recht. Der oberste Dienstherr der Sicherheitsbehörden kann sich immer zu Fällen äußern, die viele Bürger bewegen.

Nach den rechten Aufmärschen von Chemnitz brauchte Seehofer dafür mehr als eine Woche. Nach Amberg waren es drei Tage. Er ordnete richtigerweise auch die Amokfahrt von Bottrop ein. Dort machte ein Deutscher aus Fremdenhass mit seinem Auto gezielt Jagd auf Ausländer.

Die beiden Fälle zeigen die ganze Bandbreite bei der Bewältigung der Folgen der Flüchtlingskrise von 2015. Umso wichtiger ist es, dass Politiker besonnen und verhältnismäßig reagieren. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner von der CDU sagte zu Amberg und Bottrop, man dürfe nicht reflexartig die große Keule herausholen.

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    Bei der CSU schwingen sie diese aber wieder mit einer Inbrunst, als ob es den Asyl-Schwesterkrieg mit der CDU und die krachende Ohrfeige der bayerischen Wähler nie gegeben hätte. „Vom Gefängnistor zum Abfluggate“, donnert die CSU-Bundestagsgruppe vor ihrer Klausur in Seeon ins Land. Natürlich verwirken Asylbewerber, die schwere oder sehr viele Straftaten begehen, ihr Gastrecht und müssen abgeschoben werden. Wem aber in der Heimat Folter oder die Todesstrafe drohen, den muss ein humanes Deutschland ertragen.

    Statt schrille Töne anzuschlagen und der AfD nachzueifern, sollten Innenminister Seehofer und die CSU gemeinsam mit den Ländern endlich liefern. Eine gute Idee ist ein Punkte­system vom Bundeskriminalamt. Wer 60 Punkte erreicht, wird abgeschoben. Bei Diebstahl etwa droht ein Punkt, bei Mord 70 Punkte. Stellt sich nur die Frage, ob die deutsche Politik die Heimatländer überzeugen kann, die Gewalttäter wieder aufzunehmen.