Nun kommt es auf Teheran und auf Jerusalem an

Ungeachtet der lodernden Wut der israelischen und des schwelenden Zorns der saudischen Regierung ist es gerechtfertigt, die Genfer Atom-Vereinbarung mit dem Iran als Fortschritt zu bewerten. Zum einen deswegen, weil der Deal als Grundlage für ein umfassenderes Abkommen dienen kann, zum anderen schon deshalb, weil die Genfer Gespräche eine jahrelange Eiszeit beendet haben.

Grund zur Euphorie ist dies jedoch nicht. Die Vereinbarung ist zunächst nur ein Experiment, das auch gründlich schiefgehen kann. Israels Argwohn ist nicht unberechtigt; in der Teheraner Führung gibt es starke radikale Elemente, die weiterhin am Ziel einer iranischen Atombewaffnung und einer regionalen Dominanz festhalten dürften. Sollte das Abkommen letztlich scheitern, weil der Iran in Sachen Atom auch künftig tarnt und trickst, wie er das in der Vergangenheit getan hat, dann dürfte eine dramatische Eskalation von erdrückenden neuen Sanktionen bis hin zum Militärschlag kaum noch aufzuhalten sein.

Die US-Administration hat nun zwei schwierige Baustellen: Es geht darum, den Iran zur Einhaltung des Genfer Deals zu verpflichten und nebenbei den israelischen Premier Netanjahu daran zu hindern, per Militärschlag einen regionalen Flächenbrand auszulösen. Aufgrund seiner winzigen Fläche wäre der Staat Israel bei einem Nuklearangriff tödlich verwundbar; so erklärt sich die offensive und präventive Strategie Jerusalems. Allerdings hat Netanjahus überzogene Kritik nicht zuletzt innenpolitische Motive.

Indem er versucht, einen hochgefährlichen Konflikt zu entschärfen, hat sich US-Präsident Obama seinen beiden wichtigsten nahöstlichen Alliierten, Israel und Saudi-Arabien, noch weiter entfremdet – was den Führungen in Teheran und Moskau das Herz wärmt.

Tatsache ist jedoch, dass der Iran ein Recht auf ein ziviles Atomprogramm hat und dass eine Bombardierung iranischer Atomanlagen die mögliche Entwicklung einer Nuklearwaffe allenfalls verzögern könnte, dafür aber das Risiko einer unkontrollierbaren militärischen Eskalation mit sich brächte. Bei allen Risiken und Nebenwirkungen ist die Genfer Vereinbarung die bislang beste Chance auf eine Beilegung der Krise.