Die Pädophilen-Debatte muss offener aufgeklärt werden

Als die Grünen 1982 ihr Programm für die Hamburger Bürgerschaftswahl schrieben, war ich noch nicht einmal auf der Welt. Ich kenne diese Zeit der späten 70er- und frühen 80er-Jahre also nicht aus eigener Erfahrung und kann mir nur erzählen lassen und lesen, wie es damals war. Dass in einigen linken und intellektuellen Kreisen Forderungen nach straffreiem Sex mit Kindern gesellschaftsfähig waren. Dass prominente Politiker und andere Persönlichkeiten offen über ihre pädophilen Neigungen philosophierten und selbst in seriösen Tageszeitungen Platz fanden, um dafür zu werben. Mir wird schlecht, wenn ich davon lese. Solche Gedanken passen nicht ins Jahr 2013 und nicht in meine Lebenswelt.

Für den noch jungen Landesvorstand der Hamburger Grünen ist es nun eine schwere Aufgabe, die Geschehnisse von 1982 aufzuarbeiten. Zu erklären, wie es die Forderung in das Wahlprogramm geschafft hat, sexuelle Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen sollten „nicht generell“ Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung sein. Es ist gut und klug, dass die Grünen in Hamburg wie im Bund mit dem Politologen Franz Walter einen unabhängigen Wissenschaftler beauftragt haben, um die Vorfälle zu untersuchen. Es ist gut, dass Landeschefin Katharina Fegebank Offenheit und Transparenz betont.

Hochproblematisch ist aber die wahrscheinlich wahlbedingte Salamitaktik. Vor allem fällt sie auf bei Spitzenkandidat Jürgen Trittin, der erst nach einer Recherche Walters den Fehler eingestand, Anfang der 80er-Jahre ein Kommunalwahlprogramm in Göttingen mit denselben pädophilen Forderungen presserechtlich verantwortet zu haben. Das wird die ohnehin schon angeschlagenen Grünen Wählerstimmen kosten. Sichtbar ist die Strategie aber auch bei den Hamburger Grünen, die schon länger von den nun im Mittelpunkt stehenden Passagen in ihrem Wahlprogramm von 1982 wissen und erst jetzt damit an die Öffentlichkeit gehen. Das Thema ist hochsensibel – zu sensibel für Salamitaktik. Allerdings auch zu sensibel, um im Wahlkampf von den anderen Parteien ausgeschlachtet zu werden.