In Krankenhäusern muss es feste Personalstandards geben

Kein Mensch würde auf die Idee kommen, ein Flugzeug zu starten, wenn nur ein Pilot an Bord ist - nur weil es insgesamt einfach zu wenig Piloten gibt. Mit diesem plastischen Beispiel macht die Gewerkschaft Ver.di deutlich, wie dramatisch die Situation an Hamburgs Krankenhäusern ist. Denn dort würden Menschen aufgenommen, behandelt und gepflegt, obwohl die Zahl der Mitarbeiter das in vielen Fällen eigentlich nicht mehr zulasse. Das große Problem sei nämlich, dass es beim Klinikpersonal keine Untergrenze gebe.

Deshalb hat Ver.di eine bundesweite Befragung unter den Beschäftigten durchgeführt und herausgefunden, dass in deutschen Krankenhäusern 162.000 Mitarbeiter fehlen. In Hamburg sind es 4200.

Die typische Schilderung einer stellvertretenden Stationsleiterin über ihren Alltag sieht so aus: "Als ich 1999 anfing, waren wir morgens mit acht Kolleginnen und Kollegen da. Heute sind es oft nur vier - und das, obwohl die Arbeit viel mehr geworden ist." Ihr Fazit: "Die Leute arbeiten am Anschlag. Ich muss sie ständig aus dem Frei rufen, weil es keinen Puffer für Krankschreibungen gibt."

Der Personalnotstand in den Krankenhäusern ist vielerorts dramatisch. Er hat sich schleichend vollzogen. Und nicht auf einen Schlag, wie wenn ein großes Unternehmen seine Fabrik schließt. Deshalb wird er den meisten Menschen nur dann bewusst, wenn Angehörige oder Bekannte im Krankenhaus liegen.

Die Klinik-Mitarbeiter spüren den Notstand jeden Tag. Eine Pflegekraft arbeitet in drei Schichten und auch am Wochenende und an Feiertagen. Bei einer 39-Stunden-Woche liegt der Monatsverdienst bei bis zu 2500 Euro brutto. Wenn überhaupt. Das ist nicht viel Geld für einen Job, der den Beschäftigten sehr viel abverlangt.

Nun scheint die Grenze der Belastbarkeit erreicht oder bereits überschritten, wie die teilweise drastischen Schilderungen von Betroffenen an Hamburger Kliniken zeigen. Die steigende Zahl von Überlastungs- oder Gefährdungsanzeigen, von Überstunden und Krankmeldungen ist ein eindeutiges Indiz. Es wird Zeit, auch in Krankenhäusern gesetzliche Personalstandards einzuführen. Zum Wohle der Patienten und der Mitarbeiter.