Lance Armstrong verliert Tour-Siege wegen Dopings

Mehr als ein Jahrzehnt lang hat Lance Armstrong alle Dopingvorwürfe vehement abgestritten. Unterstützt von den willfährigen Sekundanten des Weltverbandes hat der erfolgreichste Radrennfahrer der Geschichte einen Mantel des Schweigens über das Peloton gebreitet. Niemand hat gedopt, hieß die landläufige These. Nur auf diejenigen, die dumm genug waren, sich erwischen zu lassen, wurde mit dem Finger gezeigt. Dabei wusste jeder, dass man Pillen schlucken und Präparate spritzen musste, wenn er an der Spitze mitfahren wollte.

Jahrelang hatte sich Armstrong sicher gefühlt. Selbst einen positiven Test, der ihm zweifelsfrei zugeordnet wurde, konnte er ignorieren, weil sich die gesamte Szene nicht an den Dominator herantraute. Nun aber zog sich die Schlinge um Armstrong immer weiter zu. Der Texaner hat unter dem wachsenden Druck einer amerikanischen Behörde den Kampf gegen eine Dopinganklage aufgegeben. Die Indizien waren erdrückend, ein langwieriger und kostspieliger Rechtsstreit war für Armstrong nicht mehr zu gewinnen. Er verliert alle Siege bei der Tour de France. Jetzt wird er in den Geschichtsbüchern nicht mehr als der strahlende Radsportheld, sondern als simpler Sportbetrüger wie der kanadische Sprinter Ben Johnson stehen.

Die Folgen sind für den Radsport eine Katastrophe. Eine der beliebtesten Publikums- und Fernsehsportarten wird auf Jahre diskreditiert sein. Junge Fahrer, die sich abstrampeln, um ihre athletischen Körper in die mit Sponsoraufschriften bepflasterten Leibchen zu quetschen, stehen unter Generalverdacht. Die jüngsten Fälle um Alberto Contador und Fränk Schleck sowie der Olympiasieg des schwer belasteten Alexander Winokurow zeigen, dass die Branche aus allen Skandalen nichts gelernt hat.

Ein Witz am Rande wäre es, sollte ausgerechnet Jan Ullrich drei Tour-de-France-Siege von Lance Armstrong erben. Deutschlands einziger Tour-de-France-Sieger, der wegen Dopings gesperrt ist, hat behauptet, nie jemanden betrogen zu haben. Bezogen auf die Konkurrenz mag das stimmen. Wirklich betrogen wurde ja auch nur einer: der Fan, der immer noch an ehrlichen Sport glaubt.