Der siebenmalige Tour-Sieger gibt den Kampf gegen Dopinganklage auf und verliert deshalb alle errungenen Titel. Karriere liegt in Trümmern.

Austin/Hamburg. Am Ende war alles Lug und Trug. Kein anderer Radrennfahrer hat die Szene so beherrscht wie Lance Armstrong in den Jahren von 1999 bis 2005. Nun liegt seine Karriere in Trümmern. Der 40 Jahre alte Texaner gibt den Kampf gegen die Dopingvorwürfe, die ihn seit einem Jahrzehnt begleiten, auf. Zu einem Geständnis aber mochte sich der lange Zeit Verdächtige nicht durchringen. Stattdessen spielte er in einer ausführlichen Erklärung wieder die verfolgte Unschuld.

+++Die Tour-Zweiten hinter Armstrong+++

Die amerikanische Anti-Doping-Agentur Usada belegte den Radprofi am Freitagabend mit der höchstmöglichen Strafe: einer lebenslangen Sperre und der Aberkennung aller sieben Tour-de-France-Siege.

Armstrong hatte seine Karriere Anfang 2011 beendet und sich auf Triathlon-Wettkämpfe verlegt. "Es kommt ein Punkt im Leben jedes Menschen, an dem er sagen muss: 'Es reicht.' Für mich ist dieser Punkt jetzt gekommen", hieß es in Armstrongs Erklärung. Das Verfahren habe einen "zu hohen Preis" von ihm und seiner Familie gefordert.

John Fahey, der Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada), sieht seinen harten Kurs nach der Kapitulation des Amerikaners bestätigt. Er nannte Armstrong einen ""Dopingbetrüger". Die Erfolge des langjährigen Tour-Herrschers seien nun nichts mehr wert.

Zu den Fahrern, die sich theoretisch bei einer nachträglichen Disqualifikation Armstrongs Hoffnungen auf Toursiege machen könnten, zählen auch die Deutschen Jan Ullrich und Andreas Klöden. Ullrich, Zweiter in den Jahren 2000, 2001 und 2003, und Klöden, Tour-Vize 2004, halten aber den Ball flach. "Das beschäftigt mich nicht mehr groß", sagte Ullrich der Nachrichtenagentur dpa. "Ich habe mit meiner Profikarriere abgeschlossen und immer gesagt, dass ich auch auf meine zweiten Plätze stolz bin." Ullrich war im Februar für zwei Jahre gesperrt worden, auch gegen Klöden wurde ermittelt.

Der deutsche Anti-Doping-Experte Fritz Sörgel nannte die Diskussion um mögliche Nachrücker "lächerlich". Nach seiner Meinung dürften in jenen Jahren "die Top Ten alle gedopt gewesen sein". Sein Vorschlag ist ganz einfach: "Ist doch nichts dabei, in den Annalen zu schreiben: 'Kein Sieger.'"

Ob Armstrong gedopt hat oder nicht, ist auch nach dem rechtlichen Rückzug des US-Stars nicht abschließend geklärt. Vorerst geht es nur darum, dass er die Anklage akzeptiert und auf einen womöglich langwierigen Prozess verzichtet. Armstrong selbst tönte in seiner Erklärung vollmundig: "Meine Teamkollegen und alle, gegen die ich gefahren bin, wissen, wer die Tour siebenmal gewonnen hat." Allerdings sind die Indizien überwältigend. Armstrong und sein Team sollen jahrelang flächendeckend gedopt haben. Möglicherweise mus er auch Preisgelder zurückzahlen.

Travis Tygart, Präsident der Usada, sprach von einem "traurigen Tag" für den Sport. Armstrongs Fall sei "ein herzzerreißendes Beispiel, wie die Kultur des Gewinnens um jeden Preis den ehrlichen Wettbewerb untergräbt". Die Usada hatte den US-Sportstar im Juni formal des Dopings angeklagt und seither viele Zeugenaussagen gesammelt. Während Armstrong behauptete, die Usada habe kein Recht, ihm irgendwelche Titel abzunehmen, sagte Tygart, der Weltverband UCI sei dazu verpflichtet.

Zuletzt war die Luft um Armstrong dünn geworden. Nachdem prominente Helfer wie Floyd Landis oder Tyler Hamilton gegen ihn ausgesagt hatten, rückte ein Schuldspruch immer näher. Armstrong, der davon nichts mehr wissen will, hat sich nun neu orientiert. Er wolle sich um seine Familie und den Kampf gegen den Krebs kümmern. 1996 war bei Armstrong Krebs im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert worden. Den Kampf um sein Leben hat er gewonnen, er kehrte stärker auf die Pisten zurück als je zuvor. Heute weiß man, wie das möglich war.