Die Nato hat ihre Mittel im Libyen-Einsatz überschätzt

Fünf Wochen dauern die Luftangriffe gegen das Gaddafi-Regime an. Genauso lange stecken die westlichen Verbündeten in einer Sackgasse, in die sie sich selbst hineinmanövriert haben. Die Zwischenbilanz des Vorhabens, das als schneller Krieg erdacht war, fällt nüchtern aus: Ein Diktator lässt sich nicht einfach aus seinem Palast bomben. Die Folgen sind unabsehbar - und eine Exit-Strategie ist nicht erkennbar.

Der Nato stehen beschränkte Mittel zur Verfügung. Sie hat sich an die Uno-Resolution 1973 zur Durchsetzung der Flugverbotszone zu halten, die "alle notwendigen Maßnahmen" zum Schutz der Bevölkerung erlaubt, aber Bodentruppen ausdrücklich ausschließt. Nimmt man den Uno-Auftrag nicht nur ernst, sondern auch beim Wort, dann steht die Mission vor dem Scheitern. Das libysche Volk ist brutaleren Übergriffen ausgesetzt als vor der Intervention. Die Menschen im umkämpften Misrata rufen nach Hilfe. Aber eine denkbare Bewaffnung der Rebellen lässt die Uno-Resolution genauso wenig zu.

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass die vermeintlichen Helfer selbst zu Hilflosen geworden sind. Natürlich werden sie sich zu Recht zugutehalten, einen möglichen Völkermord bislang verhindert und Bengasi und Misrata vor drohenden Massakern bewahrt zu haben. Und doch hat sich das von Amerikanern, Briten und Franzosen geführte Bündnis überschätzt. Je entschlossener die Nato Angriffe fliegt, je gezielter sie inzwischen gegen Machthaber Gaddafi vorgeht, desto rigoroser scheint sich das Regime an der Macht zu halten.

Solange die 28 Nato-Staaten keine Idee entwickeln, wie sie militärisch Gaddafi in die Knie zwingen können, werden sie sich an den Gedanken an einen unbefriedigenden Kompromiss gewöhnen müssen. Eine diplomatische, eine politische Lösung bedeutet: verhandeln - auch mit dem Despoten selbst. Es ist kaum vorstellbar, dass andernfalls die Waffen je ruhen werden. Für die Bundesregierung ist dies der richtige Moment, zu handeln. Außenminister Guido Westerwelle, der recht hatte mit seiner Warnung vor dem Militäreinsatz, sollte es sich auf hohem Ross nicht zu bequem machen. Es reicht nicht, einen Waffenstillstand zu fordern, wenn man nicht zugleich Bedingungen und Zugeständnisse formuliert. Ein Gang Gaddafis ins Exil könnte ein solches Zugeständnis sein. Es muss nur noch ausgesprochen werden. Die deutsche Außenpolitik kann nun beweisen, dass sie zu mehr fähig ist, als sich zu enthalten.