Olaf Scholz wird Partei und Fraktion disziplinieren müssen.

Max Brauer, Paul Nevermann, Herbert Weichmann, Hans-Ulrich Klose, Klaus von Dohnanyi und Henning Voscherau - Olaf Scholz stellt sich mit seinem überzeugenden Wahlerfolg in die Reihe der Bürgermeister, die für die Hamburger SPD absolute Mehrheiten geholt haben. Scholz weiß sehr genau, welche Fallhöhe sich aus dieser "Ahnenreihe" ergibt. Dies gilt umso mehr, als Scholz der Einzige ist, dem dieses Kunststück gelang, ohne das Amt des Bürgermeisters auch nur einen Tag lang ausgeübt zu haben.

Das bedeutet: Die SPD muss nach zehn Jahren in der Opposition in Windeseile einen funktionsfähigen Regierungsapparat aufbauen. Sicher hilft dabei, dass der eine oder andere Genosse in leitender Beamtenposition während der letzten Jahre "überwintert" hat. Scholz wird schnell Ergebnisse seiner Arbeit vorweisen müssen, weil er mit seinen Ankündigungen hohe Erwartungen geschürt hat. Dazu wird er seine Partei und besonders die künftige SPD-Fraktion mit ihrer knappen Zwei-Stimmen-Mehrheit disziplinieren müssen. Absolute Mehrheiten haben in der SPD häufig dazu geführt, dass sich die Partei vor allem mit sich selbst beschäftigte.

Die Gewerkschafter in der SPD, allen voran Ver.di-Chef Wolfgang Rose, werden machtvoll darauf pochen, ihren Teil des Kuchens abzubekommen. Die erste Forderung liegt schon auf dem Tisch: die Rücknahme der noch vom schwarz-grünen Senat beschlossenen Streichung des Weihnachtsgeldes für Beamte. Es geht um rund 100 Millionen Euro im Hamburger Haushalt, dessen schrittweise Sanierung sich Scholz auf die Fahnen geschrieben hat. Der Altonaer hat die Wahl in der Mitte gewonnen - mit einem dezidiert wirtschaftsfreundlichen Kurs. Scholz wird dieses Kapital nicht verlieren wollen, auch weil es um seine persönliche Glaubwürdigkeit geht.

Klose ist an dem aufbrechenden Flügelkonflikt gescheitert, Dohnanyi hat das Ringen um den Kurs der SPD in Sachen Hafenstraße zermürbt, und Voscherau lebte in ständigem Hader mit der linken Hälfte seiner Partei. Scholz sollten die Beispiele Warnung genug sein. Andererseits hat er sich als einstiger Linker früh im Ausgleichen innerparteilicher Konflikte profiliert. In jedem Fall gilt: Der wichtigste Posten, den Scholz zu besetzen hat, ist der des SPD-Fraktionschefs.

Am Tag nach einem Wahlsieg, der viele Sozialdemokraten in euphorische Stimmung versetzt hat, wird deutlich: Es gibt auch eine Last der Mehrheit.