Streiks kann sich die Bahn nach dem Winterchaos nicht erlauben.

Sicher ist nicht primär die Deutsche Bahn dafür verantwortlich, dass die aggressive Kleingewerkschaft GDL nun den nächsten Stillstand auf der Schiene vorbereitet, nämlich in Form von Warnstreiks. Viel früher in diesem Winter hätten die Lokführer nicht streiken können, denn da waren viele ihrer Züge eingefroren und ohnehin nicht so oft unterwegs.

Die Bahn ist nicht als einziges Unternehmen betroffen, auch einige ihrer Konkurrenten im Regionalverkehr müssen den Ausstand der Lokführer fürchten. Für Deutschlands führendes Schienenunternehmen allerdings wären neuerliche Zwangspausen auf den Bahnhöfen besonders bitter. Bereits im zweiten Winter in Folge hat der Frost die Fahrpläne des bundeseigenen Unternehmens neu sortiert und dabei Millionen von Fahrgästen auf eine harte Bewährungsprobe gestellt. Zwischendurch, im Sommer, fürchtete mancher Reisende im ICE den Erstickungstod, nachdem in den Fernzügen bei großer Hitze viele Klimaanlagen ausgefallen waren.

Und nun wieder die GDL. 2007 und 2008 hatte die kleinste der Bahngewerkschaften einen monatelangen Machtkampf mit dem Bahnvorstand ausgetragen und Deutschland im "Wahnstreik" bis an die Grenzen der logistischen Belastbarkeit gebracht. Die Hauptkonkurrenten waren damals Bahnchef Hartmut Mehdorn und der GDL-Vorsitzende Manfred Schell, zwei betonharte Verhandler, die dem Arbeitskampf den Charakter eines Prestigeduells verliehen. Beide sind mittlerweile abgetreten. Doch die Gewerkschaft holt erneut das große Besteck hervor. Zu erwarten sind Warnstreiks im kompletten Personenverkehr. Die Deutsche Bahn hätte diesen neuerlichen Showdown dringend vermeiden müssen. Dasselbe gilt für die entfesselte Gewerkschaft. Allein die Androhung von Warnstreiks ist fatal. Nicht nur der Tarifkonflikt ist zurückgekehrt, sondern auch der Winter. Nach dem Schnee- und Eischaos der vergangenen Monate jetzt einen Arbeitskampf auf dem Rücken der Fahrgäste auszutragen zeugt von größter Ignoranz.

Natürlich weiß die Führung der Gewerkschaft, dass sie gegenüber dem Bahnvorstand einen starken Hebel in der Hand hat. Die Bahn kann sich weitere Unbill nicht erlauben. Der GDL müsste aber ebenso klar sein, dass sie mit ihren Streikplänen auch an ihrem eigenen Ast sägt. Wer das Verkehrsmittel Bahn in Deutschland stärken will, der sollte dessen Image nicht kaputt machen. Die Bahn selbst hat durch Missmanagement bereits genügend Schaden angerichtet.