Der Hamburger Senat taktiert, statt jetzt die Wahrheit zu sagen.

Das war nicht der große Wurf, mit dem der Senat den Hamburger Staatshaushalt einigermaßen wieder ins Lot bringen könnte. Was Bürgermeister Ole von Beust in seiner Regierungserklärung gestern in der Bürgerschaft vorstellte, ist nur wie ein erster kalter Regenschauer angesichts des Wolkenbruchs der Kürzungen und Einschnitte, die auf die Hamburger noch hereinbrechen werden.

Der Betriebshaushalt muss um rund 510 Millionen Euro im kommenden Jahr abgespeckt werden. Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) hat die Spar-Latte sehr hoch gelegt. Um im Bild zu bleiben: Schwarz-Grün ist nach den dreitägigen Haushaltsberatungen locker darunter durchgelaufen.

Sicher: Die deutliche Reduzierung des Weihnachtsgeldes für Beamte schmerzt. Aber was ist das angesichts des generellen Einstellungsstopps im öffentlichen Dienst, der immerhin auch diskutiert worden ist? Sicher: Der Vorstoß der Rathaus-Koalition zur Anhebung des Spitzensteuersatzes ist ein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung der Lasten. Aber hier muss erst das große Rad auf Bundesebene gedreht werden. Ausgang ungewiss.

Warum schenkt der Senat den Bürgern jetzt nicht reinen Wein ein? Die Antwort fällt politisch-taktisch aus. Vor dem Volksentscheid am 18. Juli ist die Neigung der Regenten, die Wähler mit harten Sparauflagen zu drangsalieren, ausgesprochen gering. Dafür steht bei der Volksabstimmung über die Primarschule (das Wort tauchte in der Von-Beust-Rede übrigens kein einziges Mal auf) für Schwarz-Grün zu viel auf dem Spiel. Der Senat ist ein gebranntes Kind: Die im Mai verkündete Erhöhung der Kita-Gebühren, die noch Teil des alten Sparpakets war, hat die Stimmung im Vorfeld des Volksentscheids zulasten des Senats beeinflusst.

Die zögerlichen Sparvorschläge des Senats sind insgesamt aber ein erneuter Beleg für den instabilen Zustand des Bündnisses. Eine kraftvolle Koalition hätte jetzt mutig Einschnitte verkündet und die Bürger nicht länger im Unklaren gelassen. Es ist ja ohnehin so, dass kein Wähler vergessen wird, dass das dicke Ende noch kommen wird. Wer mit den Bürgern Klartext redet, darf am ehesten mit Unterstützung rechnen. Wer zögert, weckt nur Zweifel: an seiner Entschlossenheit und am Willen zur Transparenz.

So bleibt als Fazit des gestrigen Tages ein bemerkenswerter Gegensatz: auf der einen Seite der eindringliche Appell von Beusts für eine gemeinsame Kraftanstrengung der Stadt zur Sanierung der Finanzen. Auf der anderen Seite das Fehlen einer klaren Ankündigung, wohin die Reise gehen soll.