Berlin. Die EU erlaubt, Abgasgrenzwerte anzupassen – ein Zeichen, dass Umweltschutz aktuell zu weit geht? Das wollte „Maischberger“ wissen.

Die Deutsche Umwelthilfe hat deutschen Großstädten durch Gerichtsprozesse zur Einhaltung von Abgas-Grenzwerten gezwungen, die EU erlaubt aber die Grenzwerte zu lockern. Nimmt sich die Umwelthilfe also zu wichtig oder haben Auto-Fans noch immer den größten Einfluss? Das war die heiß diskutierte Frage bei „Maischberger“ im Ersten.

Die ersten 20 Minuten von „Maischberger“ könnten auch den Titel tragen: Umwelthilfe gleich Spielverderberin. Als „Abmahnverein“, bezeichnete „Welt“-Chefredakteur Ulf Poschardt die Organisation, die gerade eine Stadt nach der anderen wegen zu hoher Stickoxidwerte verklagt. Eine „Sentimentalisierung“ in Sachen Umweltverschmutzung nehme sie vor.

„Maischberger“ – das waren die Gäste:

  • „Welt-Chefredakteur“ Ulf Poschardt
  • Barbara Metz von der Deutschen Umwelthilfe
  • Wolfgang Kubicki (stellvertretender Parteivorsitzender der FDP)
  • Franz Alt (Autor und Journalist, früherer Moderator der ARD Politsendung „Report“)
  • Mai Thi Nguyen-Kim (ARD-Wissenschaftsjournalistin)

„Mit Alten, Kindern und Schwachen zu kommen, ist ja die naheliegendste Argumentation“, sagte der Porsche-Fahrer Poschardt in Richtung Barbara Metz, der stellvertretenden Geschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe.

Barbara Metz (Deutsche Umwelthilfe) und Wolfgang Kubicki (FDP) bei „Maischberger“.  
Barbara Metz (Deutsche Umwelthilfe) und Wolfgang Kubicki (FDP) bei „Maischberger“.   © WDR/Max Kohr | WDR/Max Kohr

Diese mussten sich zu Beginn der ARD-Talksendung so einiges gefallen lassen. Moderatorin Sandra Maischberger ließ ihre Gäste unter der Fragestellung „Glaubenskrieg ums Auto: Geht der Umweltschutz zu weit?“ diskutieren.

Dabei sollte es darum gehen, ob Fahrverbote in Städten tatsächlich dem Gesundheitsschutz dienen oder die Maßnahmen vielmehr der Autoindustrie schaden. Kurz gesagt: Saubere Luft vs. Arbeitsplätze in der Autobranche – was ist mehr wert?

Während bisher in der Öffentlichkeit und in Talk-Runden immer die Autoindustrie der Bösewicht war, konnte man jetzt den Eindruck gewinnen: Alle auf die Umwelthilfe!

Ist die Umwelthilfe bei Fahrverboten wirklich die Schuldige?

Dazu trug auch das Beispiel von Marin Ivankovic bei. Er ist mit seinem Euro-IV-Diesel von dem Diesel-Fahrverbot in Stuttgart betroffen. Ab April darf er mit seinem Wagen, den die Familie täglich einsetzt, nicht mehr in der Stadt fahren, ja nicht mal mehr vor der eigenen Haustür stehen.

„Aber die KFZ-Steuer, die darf ich noch bezahlen.“ Was also tun? Er wisse es noch nicht, sagt Marin Ivankovic. Nur Eines: Er dürfe jetzt die Suppe auslöffeln.

Die Umwelthilfe wirkte dabei schnell wie die Schuldige. Schließlich ist sie es, die den Städten gewissermaßen die Fahrverbote eingebrockt hat.

Barbara Metz versuchte sich zu verteidigen, argumentierte mit der Gesundheit der Bürger. Das war es, was Poschardt später als eine „Sentimentalisierung“ bezeichnete.

Franz Alt wiederum eilte Barbara Metz schließlich zur Seite – auch wenn die keine Probleme hatte, ihre Argumente selbstbewusst vorzutragen. Statt bei der Umwelthilfe die Schuld zu suchen, ging Arlt die Politik an. „Wir haben nur Autopolitik und Autominister.“

Und weiter: „Die Politik wird weiter vor die Autoindustrie in die Knie gehen.“ Arbeitsplätze seien ein Totschlagargument. Der ehemalige Moderator schlug stattdessen vor, es wie Wiesbaden zu machen. Die Stadt habe einen Luftreinhalteplan vorgelegt. Die Klage sei vom Tisch.

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    Die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim versuchte derweil, die von den Fahrzeugen ausgehenden Gesundheitsschäden wissenschaftlich einzuordnen: Was ist schlechter – Stickoxid oder Feinstaub? Wo muss der Grenzwert gesetzt werden?

    Ihr Fazit: „Wenn wir alle Diesel-Autos loswerden, dann sind wir immer noch nicht unter dem Grenzwert.“ Wolfgang Kubicki von der FDP machte in dieser Diskussion nicht die beste Figur. Auf die Äußerung von Mai Thi Nguyen-Kim, dass sie immer die Originalstudien lese, erwiderte er bloß patzig: „Das ist ja schön für sie.“

    Gen Ende der Sendung hatte dann noch einmal Ulf Poschardt seinen großen Auftritt, als er wie ein Lobbyist der Autobranche auftrat und von den Investitionen in die E-Mobilität schwärmte. Das ging sogar soweit, dass er irgendwann anmerken musste: „Nein, das ist nicht mein VW-Chef.“

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      Die Umwelthilfe watschte er ab: „Dann gehen Sie doch gleich zu den Grünen und machen dort Verkehrspolitik.“ Die Umwelthilfe mache Politik für japanische und amerikanische Konzerne. Doch das wollte Maischberger nicht unkommentiert lassen.

      Denn Poschardt zielte auf einen alten Vorwurf, dass Toyoto angeblich der Umwelthilfe Autos sponserte und somit die Autoindustrie schwächte.

      Konkret geht es um eine Zusammenarbeit von Toyota und der Umwelthilfe bei Hybrid-Taxis. 30.000 überwies der Hersteller an die Umwelthilfe. Die Zusammenarbeit wurde bereits beendet. „Nein, es ist natürlich nicht der Fall, dass wir uns haben kaufen lassen, um die deutsche Industrie zu schwächen“, sagt Merz.

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      Es hielt ihn allerdings nicht davon ab, das Auto weiter zu glorifizieren. „Blechernes Double der eigenen Identität“ war nur eine der Umschreibungen. Ein Tempolimit auf Autobahnen komme für ihn daher nicht infrage. Das komme einer Beschneidung der Freiheit gleich. Diese Freiheit auf Autobahnen könne man „auch kulturell wertschätzen.“

      Barbara Metz kommentierte seine Aussagen noch als „Loblied auf die Raserei“. Doch vielmehr blieb von dieser Sendung das Bild der ersten Minuten hängen: Umwelthilfe gleich Spielverderberin.

      Wer will konnte Teile der Sendung als Emotionalisierung des Themas verstehen, die Kommunen fordern bei Umweltschutz jedoch mehr Sachlichkeit. Sie sind es, die Grenzwerte einhalten und politische Vorgaben umsetzen müssen. Die EU hat offensichtlich Kritik am bisherigen Vorgehen wahrgenommen. Diesel-Fahrverbote könnten in vielen Städten vom Tisch sein.

      „Maischberger“ – aktuelle Sendung in der Mediathek

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