Berlin. Spielt die Kontrollbehörde auf Zeit? RTL 2, das den Status als Vollprogramm verlieren könnte, muss vorerst keine Konsequenzen fürchten.

Anfang September war an dieser Stelle zu lesen, dass RTL 2 Gefahr läuft, seinen Status als Vollprogramm zu verlieren. Der Sender hatte sein ohnehin mageres Informationsangebot nochmals reduziert: Die Nachrichtensendung „RTL 2 News“ wurde um fünf Minuten verkürzt und von 20 Uhr auf den unattraktiven Sendeplatz 17 Uhr verlegt.

Diesen Dienstag wollte die Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK) eine Entscheidung in der Sache fällen. Wäre RTL 2 nicht mehr ein Vollprogramm, hätte der Sender deutliche Nachteile bei seiner Verbreitung. Es wäre für ihn schwieriger, in Kabelnetze zu kommen. In elektronischen Programmführern würde er nach hinten rutschen.

All dies bleibt RTL 2 einstweilen erspart. Die ZAK konnte sich in der Frage nicht einigen. Die Angelegenheit wurde an einen Fachausschuss überwiesen. Es werde „weiter geprüft“, sagt eine ZAK-Sprecherin auf Anfrage.

Entscheidung nicht mehr für 2018 zu erwarten

Mit einer Entscheidung noch in diesem Jahr sei nicht zu rechnen, heißt es im Umfeld der Anstalten. Schlimmer noch: Es sei keineswegs auszuschließen, dass die Sache im Sande verlaufe. Der Direktor der hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR), Joachim Becker, spiele bei dem Thema auf Zeit. Er habe sich vehement dagegen ausgesprochen, RTL 2 den Status eines Vollprogramms zu entziehen. Becker wollte sich auf Anfrage zu diesem Thema nicht äußern.

Um den Vorgang zu verstehen, muss man wissen, dass die hessische LPR die Aufsichtsbehörde von RTL 2 ist – obwohl der Sender seinen Sitz in Grünwald bei München hat. Es gehört zu den Besonderheiten des deutschen Medienrechts, dass sich überregionale Privatsender prinzipiell bei jeder der 14 deutschen Landesmedienanstalten lizenzieren lassen können.

Größe und Renommee einer Anstalt hängen auch davon ab, ob sie Aufsichtsbehörde namhafter TV-Kanäle ist. Folglich ist die Neigung mancher Direktoren nicht gering, sich in Konfliktfällen vor die von ihnen lizenzierten Sender zu stellen.

Zentrale Aufsichtsbehörde stand schon mehrfach zur Debatte

Auch wegen dieses Interessenskonflikts wurde schon mehrfach diskutiert, eine zentrale Aufsichtsbehörde für bundesweite Programmangebote zu gründen. Ohnehin ist nicht ganz klar, warum jedes Bundesland – nur Hamburg und Schleswig-Holstein sowie Berlin und Brandenburg teilen sich jeweils eine Anstalt – eine eigene, aus Rundfunkgebühren finanzierte Medienbehörde haben muss.

Doch weil Medienpolitik Ländersache ist, verpuffen solche Initiativen immer wieder. Und so ist es kein Wunder, dass die Anstalten in Konflikten wie dem um RTL 2 von manchem als zahnlose Tiger empfunden werden.

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• Diese Kolumne pausiert urlaubsbedingt eine Woche. Ihre nächste Ausgabe erscheint am Freitag, 2. November.