Essen. Dortmunder Filmemacher zeigen mit „Russland von oben“ atemberaubende Bilder und das Wunder der Natur – ganz ohne politische Diskussion.

Kein Land ist größer, kein Himmel weiter – was liegt also näher, als Russland aus der Luft zu erfassen? Nach dem vielfach kopierten Erfolgsrezept ihrer TV-Reihe „Deutschland von oben“ haben die Dortmunder Filmemacher Petra Höfer und Freddie Röckenhaus das Riesenreich mit ihren Hightech-Kameras aus der Vogelper­spektive eingefangen und emotional mitreißend inszeniert. Den bildgewaltigen Film „Russland von oben“ zeigt Arte passend zur Fußball-WM am Donnerstag (20.15 Uhr) in der Langfassung.

Die Erstausstrahlung ist zugleich das filmische Vermächtnis der vielfach ausgezeichneten Produzentin Petra Höfer, die während der Arbeit an „Russland von oben“ vor einem Jahr unerwartet gestorben ist. Mit „Deutschland von oben“ hatte sie 2012 zusammen mit ihrem Lebensgefährten Freddie Röckenhaus eine der meistbesuchten Dokus ins deutsche Kino gebracht, häufig, wie etwa bei der Premiere in der Essener Lichtburg, aufgeführt mit großem Orchester.

Auch ein Plädoyer für Naturschutz

Das erfolgreiche Rezept wurde unverändert übernommen: atemberaubende Landschaftsaufnahmen, modernste Computeranimationen, durchgehend eine treibende Musikuntermalung, das Wunder von Natur und Menschenwerk auf einfache Weise beschreibende Texte – dies alles immer emotional ansprechend und manchmal klischeehaft wirkend, aber nie kitschig oder holzschnittartig. Und somit auf unaufdringliche Weise ein Plädoyer für den Schutz dieser Welt und ihrer Schönheiten.

Die endlosen Weiten hinter dem Ural sind der Schwerpunkt bei „Russland von oben“, nicht der europäische Bruchteil des Landes, in dem 85 Prozent der Bevölkerung leben. Die rauchenden Vulkanlandschaften Kamtschatkas, der Baikalsee als zugefrorenes Meer, die Erhabenheit einsamer Gipfel, aber auch Horden von Braunbären beim Lachsfang (aber keine Wolfsrudel). Über 90 Minuten kann das Hin-und-her-Springen über 7000 Kilometer jedoch auch ermüden.

Finanzielle Unterstützung des Gas-Staatskonzerns Gazprom

Einen Blick auf die russische Seele darf man nicht erwarten. Bei der luftigen Perspektive werden die Menschen am Boden oft ganz klein, eine Schwäche aller Luftbild-Filme seit dem prototypischen Werk „Die Erde von oben“ des Franzosen Yann Arthus-Bertrand aus dem Jahr 2004.

Das ist bei „Russland“ nicht anders und irritiert doch deshalb mehr, da das Land unter Präsident Putin im Westen immer stärker polarisiert. Der Name des Autokraten fällt nur einmal. Ansatzweise politisch wird es nur kurz, beim Blick auf die Knochenmühlen im sibirischen Gulag der Stalinzeit, die Tausende zermalmten.

Der Film wurde mit finanzieller Unterstützung des Gas-Staatskonzerns Gazprom gedreht, das ist kein Geheimnis. Wahrscheinlich geht es in der Post-Sowjetunion nicht anders, wenn man über dem Kreml filmen will, von den immensen Drehkosten durch Hubschrauberflüge im eisigen Klima ganz abgesehen. Aber möchte man das sehen: die Türkei von oben – und kein Bild von Erdogan?

Fazit: Bildgewaltige Doku über die Weiten Russlands und das Wunder der Natur ohne politische Auseinandersetzung.

Sendetermin: Donnerstag, 5. Juli, 20.15 Uhr, Arte