Berlin. Gehört der Islam zu Deutschland oder nicht? Bei „hart aber fair“ entbrannte darüber eine heftige Debatte mit unversöhnlichem Ausgang.

Was hat Horst Seehofer da nur angerichtet? Seine Aussage, dass zwar die Muslime, nicht aber ihr Glauben, der Islam, zu Deutschland gehören, schafft es, ganze TV-Studios durcheinander zu wirbeln. Und das ist in diesem Fall durchaus wörtlich zu nehmen. Es kommt selten vor, dass sich Gäste einer Talkshow so unversöhnlich, ja feindlich gegenüberstehen wie am Montagabend bei „hart aber fair“.

Buntes Deutschland: Macht die CSU alles kaputt?

„Islam ausgrenzen, Muslime integrieren – kann das funktionieren?“, wollte Moderator Frank Plasberg von seinen Gästen wissen. Und relativ schnell zeigte sich, dass für Vernunft und Argumente wenig Platz ist, wenn Emotionen eine Debatte bestimmen.

Ganz vorne mit dabei: Enissa Amani. Die Schauspielerin und Comedian malte das Bild eines Deutschlands, in dem alle Minderheiten und Glaubensgemeinschaften friedlich mit der Mehrheitsgesellschaft zusammenleben – und dann kommt die CSU in Person des neuen Bundesinnenministers Seehofer und macht alles kaputt. „Ich bin sehr traurig, dass eine Partei mit dem C im Namen für eine solche Spaltung sorgt, da erwarte ich von Christen mehr“, warf sie dem bayerischen CSU-Politiker Joachim Herrmann vor.

Warf der CSU Spaltung vor: Enissa Amani.
Warf der CSU Spaltung vor: Enissa Amani. © imago/Horst Galuschka | Horst Galuschka

Doch nicht der Konservative wurde zu ihrem Gegenpart, die heftigsten Attacken fuhr der deutsch-ägyptische Politikwissenschaftler und Autor Hamed Abdel-Samad. „Salafisten, Gefährder und Menschen, die in Freiheit sozialisiert wurden, dann aber dem totalitären Regime in der Türkei zujubeln, gehören nicht zu Deutschland“, sagte der Islamkritiker. Was er von Amani höre, sei „Jammern auf hohem Niveau“. „Sie nehmen eine Gruppe in Schutz, ohne zu sehen, wo die Probleme sind“, so Abdel-Samad.

Diskussion wurde so hitzig, dass Plasberg dazwischen ging

Die strukturellen Probleme im Islam, die etwa der Grünen-Politiker Cem Özdemir klar benannte, wischte Amani bei Seite. „Es findet Demagogie statt, es wird gegen den Islam gehetzt“, sagte sie. Bayerns Innenminister Herrmann, der protestieren wollte, schnitt sie einfach das Wort ab.

Und so kam es, wie es kommen musste: Die Diskutanten wurden immer lauter, fielen sich gegenseitig ins Wort, bis Frank Plasberg einschritt. Der Moderator lehnte sich vor Enissa Amani aufs Pult. Die sprang auf, legte ihre Hände auf Plasbergs Kopf – und echauffierte sich weiter. „Meine Frau guckt zu“, meinte Plasberg flapsig – doch damit beruhigte er seinen Gast nicht.

„Stellen Sie sich vor, ich würde einen blauen Helm aufziehen und hier als Blauhelm-Moderator auftreten“, sagte Plasberg. Wäre vielleicht besser gewesen. Denn: Hamed Abdel-Samad wartete nicht, bis sich alle wieder beruhigt hatten. „Es ärgert mich, dass Sie alles klein reden“, sagte er in Richtung Enissa Amani, die Ehrenmorde nicht mit dem Islam in Verbindung bringen wollte. „Ihr Ton ist unerträglich, Sie relativieren“.

Es gab auch ruhige, sachliche Töne

Steht dem Islam kritisch gegenüber: Politikwissenschaftler Hamed Abdel-Samad.
Steht dem Islam kritisch gegenüber: Politikwissenschaftler Hamed Abdel-Samad. © imago/Horst Galuschka | Horst Galuschka

Je hitziger die Diskussion wurde, desto weniger Platz blieb für die ruhigen, sachlichen Töne. Und ja, die gab es auch. Cem Özdemir bekannte seine Ambivalenz zum Kopftuch. „Da, wo es ein individuelles Glaubensbekenntnis ist, habe ich kein Problem damit“, so der Grüne. Wenn es aber ein Mittel der Agitation, ein politischer Ausdruck sei, sehe die Situation anders aus. Auch dass Kinder und Jugendliche ein Kopftuch tragen, sei nicht Ausdruck ihres freien Willens, sagte er.

Leider fehlte eben jene Differenzierung in den 75 Minuten oft. Beim Thema Islam stehen sich zu oft zwei Seiten unversöhnlich gegenüber, es gibt nur noch schwarz oder weiß, gut oder böse – und nichts mehr dazwischen.

Und so ging Enissa Amani auf die Problematik, die Cem Özdemir skizzierte, erst gar nicht ein. Sie sprach von einem „neuen Deutschland“, das sie positiv stimme. „Sie haben genug geredet, wir waren bei einem Kind mit Kopftuch“, blaffte Hamed Abdel-Samad. Und Amani revanchierte sich postwendend: „Ihr Buch werde ich ganz bestimmt nicht lesen“.

Dann wäre ja alles gesagt.

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