Berlin. Von wegen Dauersurfer: Eine repräsentative Studie belegt, dass Jungen und Mädchen auch in Zeiten von Youtube gerne Fernsehen schauen.

Immer noch steht das Fernsehen bei Kindern ganz oben auf der Prioritätenliste – trotz der zunehmenden Verbreitung des Smartphones. Seit dem Siegeszug der internetfähigen Handys ist viel darüber diskutiert worden, wie die neue Technik den Alltag von Heranwachsenden beeinflusst. Eine repräsentative Studie hat genau das jetzt untersucht – und kommt zu teils überraschenden Ergebnissen: Jungen und Mädchen spielen nicht nur am liebsten draußen mit ihren Freunden, sie gucken weiterhin Fernseh-Shows und hören nicht auf, sich in Kinderbücher und -zeitschriften zu vertiefen.

So schauen 97 Prozent aller Heranwachsenden zwischen vier und 13 Jahren mehrmals in der Woche Fernsehen, ergab die am Dienstag vorgestellte „Kinder-Medien-Studie 2017“. „Dass Kinder kein Fernsehen mehr schauen, sondern nur noch Youtube, ist Quatsch“, sagt Verlagsgeschäftsführer Gerd Brüne von Gruner + Jahr („Stern“), der die Studie zusammen mit fünf anderen Verlagen in Auftrag gegeben hat.

2000 Kinder wurden befragt

„Die klassische Mediennutzung wird nicht abgelöst, es kommen stattdessen andere Facetten hinzu“, erläutert Brüne. „Jedes Kind will heute ein Smartphone haben, weil alle in der Klasse eines haben.“ Tatsächlich besitzt ein Viertel aller Kinder bereits mit sechs Jahren ein eigenes Handy. Allerdings nimmt die Aufmerksamkeit ab: Kinder nutzten Fernsehen, Handy-Chatprogramme und den Computer gerne parallel, hätten dabei aber das Gefühl, nichts Konkretes zu machen. „Wenn man sie fragt, was sie gerade tun, heißt es dann: ,Ich chille’“, sagt Brüne.

Die neue Studie trägt den Titel „Young Digital Natives – wie digital sind sie wirklich?“ Sie zeichnet das Bild einer Generation, die gar nicht so viel anders aufwächst als Ältere. Die Umfrage belegt, dass Kinder nach wie vor gerne lesen, sogar häufiger, als sie sich mit Computerspielen beschäftigen. Drei Viertel (72 Prozent) der 2000 befragten Kinder gaben an, mehrmals pro Woche zum Buch oder zu einer Zeitschrift zu greifen. Etwas mehr als die Hälfte (57 Prozent) spielt häufig mit dem Gameboy, einer Spielkonsole oder auf dem Tablet. „Der Reiz des Gedruckten ist groß“, sagt Brüne. Nur jedes dritte Kind nutzt digitale Unterhaltungsformen wie Youtube.

Jungen bekommen mehr Taschengeld

Überhaupt scheinen heutige Kinder gar nicht so speziell zu ticken. Von ihrem Taschengeld leisten sie sich der Studie zufolge vor allem Kekse, Süßigkeiten, Kaugummis, Zeitschriften und Comics. Für Computerspiele geben sie nur acht Prozent ihres Geldes aus. Allerdings ist das Taschengeld ungerecht verteilt: Mädchen im Vorschulalter bekommen monatlich knapp 17 Euro, Jungen dagegen 20 Euro. Dieser Unterschied bleibt auch in späteren Jahren erhalten. Insgesamt verfügen Deutschlands Kinder über eine Kaufkraft von zwei Milliarden Euro im Jahr.

Für die an der Studie beteiligten Verlage Gruner + Jahr, Spiegel, Zeit, Egmont Ehapa („Micky Maus“), Blue Ocean („Prinzessin Lillifee“) und Panini („Superman“-Comics) sind das gute Nachrichten – sie verdienen mit Kinderheften Geld.