Berlin. Was tun gegen Erdogan, Wilders und Orbán? Bei Anne Will ging es am Sonntagabend um die richtige Strategie im Umgang mit Populisten.

Recep Tayyip Erdogan hat Angela Merkel in eine missliche Lage gebracht. Soll die Kanzlerin die immer neuen Provokationen aus Ankara hinnehmen? Zugunsten des Flüchtlingsabkommens und um das Spiel des türkischen Präsidenten nicht mitzuspielen? Oder ist es an der Zeit, selbst mal laut zu werden und beispielsweise mit dem Ende der EU-Beitrittsverhandlungen zu drohen?

Der niederländische Premier Mark Rutte hat mit seinem Wahlkampf gezeigt, dass man Populisten durchaus mit der harten Hand bändigen kann. Mit seiner klaren Haltung im Streit mit der Türkei wehrte sich der Wahlgewinner sowohl gegen Erdogan als auch gegen seinen nationalen Widersacher Geer Wilders. „Klare Kante statt leiser Töne – Bekämpft man so die Populisten?“, fragte dazu am Sonntagabend Anne Will.

Was für die klare Kante spricht

Für die klare Kante trat der Journalist Dirk Schümer ein. „Die harte Linie hat sich in den Niederlanden bewährt“, sagte der Europa-Korrespondent der Welt. Premier Rutte habe vorgemacht, wie man mit Populisten umgehen könne, indem er sowohl Wilders als auch Erdogan attackierte. Möglich sei dies aber nur gewesen, weil Erdogan immer neue Steilvorlagen liefert und sich Wilders zuvor selbst entzaubert hatte, als er Ruttes Regierung zwischenzeitlich tolerierte. „Die Niederländer sind schon hinter der Populistenphase“, befand Schümer daher.

Vor diesem Hintergrund mahnte der Journalist an, dass Ruttes Methode derzeit nur bedingt auf Deutschland anwendbar sei. Hier sei die AfD nämlich noch immer außen vor. Rutte habe Wilders durch dessen Einbindung „den Todeskuss“ gegeben, sagte Schümer. „Vielleicht gibt Angela Merkel ja bald Frauke Petry den Todeskuss.“

Was für die leisten Töne spricht

Für eine zurückhaltendere Vorgehensweise trat in der Diskussion vor allem Norbert Röttgen ein. Immer wieder wies der CDU-Außenpolitiker darauf hin, dass es bei solchen Entscheidung nicht nur um den Moment gehe. „Draufhauen wäre die einfachste Vorgehensweise“, sagte Röttgen mit Blick auf die Forderungen nach der harten Kante. Schließlich würde dann jeder applaudieren.

Verantwortungsvolle Politik, argumentierte Röttgen, sei aber komplizierter. Die Türkei sei schließlich ein außenpolitisch wichtiges Land, das sowohl an Europa, als auch an den Nahen Osten und Russland grenze. Deshalb könne es nicht sein, dass Deutschland die diplomatischen Beziehungen und jedes Gespräch mit der Türkei beende.

Türkei: Darum ist Erdogans Referendum so umstritten

weitere Videos

    „Wir sollten sagen, dass wir ausländischen Wahlkampf in Deutschland nicht wollen – und dass wir dieses Regierungsprojekt nicht wollen“, sagte Röttgen mit Blick auf das geplante Präsidialsystem in der Türkei. Verbote seien derzeit aber nur dann zulässig, wenn sie das friedliche Zusammenleben in Deutschland stören würden.

    Das Fazit

    Die Angelegenheit, das machte die Diskussion deutlich, ist komplizierter, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Der erste Reflex verlangt nach einer Antwort auf Provokationen wie sie von der türkischen Regierung mittlerweile täglich abgesetzt werden. Andererseits machte Röttgen eindrücklich deutlich, dass über die von der Angst um ein „Nein“ beim Referendum getriebenen Ausfällen letztlich nicht die große internationale Politik mit all ihrer Komplexität vergessen werden darf.

    Anfeindungen aushalten oder zurückschlagen – den in jeder Hinsicht sauberen Weg gibt es im Umgang mit Populisten nicht. Immerhin kann man es mit Gerhart Baum halten, der dem Erstarken der Feinde der liberalen Ordnung auch etwas positives abgewinnen konnte. Schließlich hätten die jüngsten Entwicklungen viele Menschen aufgeweckt, analysierte der frühere Bundesinnenminister. „Der Wähler scheint zu bemerken, dass wir stark werden müssen in Europa – sonst gehen wir unter.“

    Die Sendung finden Sie online in der ARD-Mediathek.