Berlin. Eigentlich waren die Russland-Kontakte der USA Thema bei Maybrit Illner. Ein Gast nutzte die Sendung aber vor allem zur Medienkunde.

Wenn an diesem Freitag die Mächtigen der Welt zur Sicherheitskonferenz in München zusammenkommen, steht das Treffen im Zeichen maximaler Verunsicherung. Selten war so unklar, was die USA außenpolitisch wollen. Ein durchdachtes Konzept hat Präsident Donald Trump bisher nicht erkennen lassen. Insbesondere das Verhältnis zu Russland ist undurchsichtig.

Erst am Dienstag trat Trumps Sicherheitsberater Michael Flynn zurück, weil er Gespräche über Sanktionen mit dem russischen Botschafter führte, noch bevor er ein offizielles Amt innehatte. Hinzu kamen Berichte, dass Trumps Team vor dem Wahlsieg enge Kontakte zu ranghohen russischen Geheimdienstmitarbeitern unterhalten haben soll. Wie sollen sich Deutschland und die EU-Partner in so einer chaotischen Lage verhalten? Müssen sie künftig selbst für ihre Sicherheit sorgen?

Maybrit Illners drei große Sorgen

Fred Kempe, Präsident des US-Think Tanks Atlantic Council in Washington.
Fred Kempe, Präsident des US-Think Tanks Atlantic Council in Washington. © imago/Metodi Popow | imago stock&people

Maybrit Illner diskutierte darüber am Donnerstagabend mit Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Oleg Krasnitzky, dem Gesandten der Botschaft der Russischen Föderation in Berlin, Fred Kempe, Präsident der US-Denkfabrik Atlantic Council, Robin Niblett, Direktor des Chatham House, und Wolfgang Blau, Digitalchef von Condé Nast International. Thema der Sendung: „Zwischen Trump und Putin – muss Europa aufrüsten?“

Mehr als diese Frage beschäftigte Illner aber offenbar der Gemütszustand ihrer Gäste. „Sorgen“ waren in dieser Woche ihr großes Thema. Denn dass die da sind, stand bereits außer Zweifel, die Frage war nur: Wie sehr sorgt man sich?

... wegen Trumps unklarem Kurs?

Noch nicht so sehr. Von der Leyen vertraut da ganz auf den positiven Einfluss von US-Verteidigungsminister James Mattis: „Ich habe ihn als ausgesprochen zuverlässigen, gradlinigen, erfahrenen Mann erlebt, bei dem man weiß, worauf man sich einlässt.“ Das sei beruhigend. Einen solchen Minister zu verlieren, könne sich Trump nicht leisten. Der Flynn-Rücktritt komme deshalb sogar gelegen, ergänzte Kempe: „Dadurch wächst Mattis’ Einfluss.“

... wegen der offenbar engen Kontakte zwischen den USA und Russland?

Kommt darauf an. Einerseits: „Eine vernünftige Beziehung zu Russland ist von Interesse für uns alle“, sagte von der Leyen. Aber: Ob die von den USA gesteuert werden muss, sei eine andere Frage. Dass anscheinend US-Geheimdienste haben durchsickern lassen, dass Russland-Kontakte enger und früher gepflegt wurden als vermutet, werfe zudem kein gutes Licht auf die US-Regierung, so Niblett: „Wenn man das Gefühl hat, dass selbst die eigenen Geheimdienste dem Präsidenten nicht mehr vertrauen, ist das ein Problem.“

... vor einem Krieg der Desinformation?

Eine richtige Antwort gab es dazu nicht. Doch vor allem bei von der Leyen scheint die Sorge groß zu sein, so leidenschaftlich wie sie den Wert der freien Presse lobte. „Demokratie lebt davon, Meinungen zwischen Menschen kontrovers auszutauschen und daraus einen gesellschaftlichen Konsens zu bilden.“ Fake News hingegen erzeugten Unruhe; Algorithmen und Bots produzierten künstliche Pseudomeinungen. „Wir können uns nur wehren“, so von der Leyen, „indem wir die Muster offenlegen, Quellen prüfen und nicht jedem Irrsinn hinterherlaufen.“

Wolfgang Blau gab Praxistipps für Journalisten.
Wolfgang Blau gab Praxistipps für Journalisten. © imago/Metodi Popow | imago stock&people

Praxistipps für seine Zunft kamen vom Journalisten Blau. In der Berichterstattung über Trump solle man Ruhe bewahren, sich nicht zur Opposition machen lassen, denn genau das wolle Trump. Und die Presse müsse ihre Methoden überdenken. Zum Beispiel: „Wir können Trump-Zitate nicht mehr unkommentiert in Headlines nehmen. Das ist unverantwortlich, weil viele Menschen nur noch die Schlagzeilen lesen.“

Was nehmen wir trotz aller Sorgen Positives mit?

Man kann in Talkshows auch besonnen diskutieren. Ohne dass man sich gegenseitig ins Wort fällt. Alles, was man dafür tun muss, ist offenbar, weniger Politiker einzuladen. Die eine Politikerin, die da war, sorgte selbst noch für einen Das-Glas-ist-halb-voll-Moment. Denn für von der Leyen sind die Chaostage im Weißen Haus ein Weckruf für die EU: „Den können wir nutzen, um unabhängiger und stärker zu werden und mit unseren Problemen selber umzugehen.“ Womit wir beim eigentlichen Thema der Sendung wären.

Also muss Europa aufrüsten?

Sagte so explizit niemand. Mehr Investitionen, nennt es von der Leyen. Aber nicht nur in Militär, sondern auch in Entwicklungshilfe: „Keinerlei militärischer Einsatz wird Erfolg haben, wenn die Menschen in Friedenszeiten keine Perspektive haben.“

Was fehlte der Sendung?

Wie immer eine Kristallkugel. „Mal sehen, wie sich die Dinge entwickeln“, war einer der meistgesprochenen Sätze. Abgesehen von Illners Fragen nach der Größe der Sorgen natürlich.

Sie finden die Sendung „Zwischen Trump und Putin. Muss Europa aufrüsten?“ von Maybrit Illner in der ZDF-Mediathek.