Berlin. Soll das Volk bei konkreten Fragen mitreden? Die Frage sorgte bei „Hart aber fair“ für eine muntere Runde. Auch weil ein Bayer da war.

Zweimal hat das Volk gesprochen in diesem Jahr in der EU. Zunächst in den Niederlanden im Frühjahr. Das Referendum, bei dem 61 Prozent der Niederländer gegen das EU-Ukraine-Abkommen stimmten, versetzte Europa den ersten Schock. Und im Sommer dann, als eine Mehrheit der Briten für den Brexit votierte, stürzte die EU in eine veritable Krise, von der sie sich immer noch nicht erholt hat.

Seitdem ist die Neigung hiesiger Politiker, auch in Deutschland das Volk direkt zu befragen, nicht eben größer geworden. Kann man dem Volk nicht trauen? „Volksabstimmungen für alle – sind die Bürger die besseren Politiker?“, fragte auch Frank Plasberg am Montagabend in die Runde. Es wurde ein munterer Schlagabtausch.

Volksentscheide bescherten den Bayern Rauchverbot

„Trauen wir doch den Bürger ein bisschen mehr demokratische Reife zu“, forderte gleich mal wortgewaltig Markus Söder, CSU-Politiker und bayerischer Finanzminister. Im Freistaat haben sie Erfahrungen mit Volksentscheiden. Einer bescherte den Bayern das weitgehende Rauchverbot in der Gastronomie, Oktoberfest eingeschlossen.

Die Menschen hätten es satt, sich die Entscheidungen von der Politik „ständig vorschreiben“ zu lassen, so Söder. Und: „Wer dem Volk nicht vertraut, der darf sich nicht wundern, dass das Volk ihm nicht vertraut.“ Wenn die Politik den Willen des Volkes ignoriere, „dann suchen sich die Bürger ihrer eigenen Wege“. Ein Verweis auf den Erfolg der AfD?

Initiativen für Volksentscheide aus populistischer Ecke

Michael Hermann sah das so. Der Politikwissenschaftler aus der Schweiz, wo so viele Volksabstimmungen stattfinden wie sonst nirgends in Europa, ahnt, woher die meisten Initiativen für Abstimmungen kämen in Deutschland: „Von der Linkspartei, der AfD und der CSU.“ Aus der populistischen Ecke, mithin.

Darauf hatte Söder offenbar nur gewartet. „Der Vergleich ist voll daneben“, knurrte der Bayer. Zurzeit sei das ja nicht besser. Was denn mit den Wahlkämpfen hierzulande sei, polterte er, „und was findet denn im Bundestag statt?“. Alles Populismus, oder was?

Kubicki hält nichts von Volksabstimmungen

Wolfgang Kubicki dagegen, FDP-Bundesvize, hält von Volksabstimmungen wenig bis nichts. „Große Worte aus einem kleinen Land“, stichelte er Richtung Söder. So viel zur Einordnung: Kubicki kommt aus Schleswig-Holstein.

Bei Volksabstimmungen bestehe die Gefahr, „dass aus Stimmungen Politik wird“, fürchtet der Liberale. Etwa bei der Frage nach Obergrenzen für Flüchtlinge, wie Söder sie dem Volk gern stellen würde. „Es geht um die Komplexität von Themen“, so Kubicki beschwörend. Siehe Brexit.

Häme von Söder für „Taz“-Journalistin

Auch „Taz“-Journalistin Bettina Gaus hält nicht viel davon, die Bürger direkt über konkrete Fragen abstimmen zu lassen – und das nicht nur deshalb, weil ihr als passionierte Raucherin das Nichtraucherschutzgesetz gegen den Strich geht. Nein, so Gaus, Volksentscheide ermutigten jene Zeitgenossen, „die Lust haben, Denkzettelpolitik zu machen“. Dies führe bei den Abstimmungen nur zu „verzerrten Ergebnissen“.

Markus Söder hatte für derlei Argumente nur Kopfschütteln – und Häme. Diese „Koalition aus FDP und ‘Taz’“ habe zusammen „so etwa sieben oder acht Prozent“ in Deutschland, gab er süffisant zurück. Keine Gefahr also für eine Partei vom schlage der CSU. Und auch bei der Schlussfrage blieb Söder grantig. Wer denn dafür sei, die Aufteilung in Sommer- und Winterzeit in Deutschland wieder aufzuheben, wollte Gastgeber Plasberg schelmisch wissen. Spielverderber Söder aber zuckte nur gelangweilt mit der Schultern: „Das ist mir wurscht.“

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