Berlin. Wie sehr werden künstliche Intelligenz und Roboter die Arbeit verändern? Anne Will wagte sich an das komplexe Thema – und scheiterte.

Selbstfahrende Autos, Drohnen, die Pakete ausliefern und Roboter, die vollautomatisch in der Fertigung arbeiten: Bereits in naher Zukunft werden immer mehr Tätigkeiten von einer „Künstlichen Intelligenz“ (KI) ausgeführt werden.

Diese Transformation der Arbeitswelt wird im besten Fall die Effizienz erhöhen und vieles vereinfachen. Aber sie wird auch Schmerzen. Laut Prognosen sind langfristig Millionen Jobs in Gefahr. Wo soll das alles hinführen? Und was ergibt sich daraus für Politik und Gesellschaft? Diese Fragen stellte am Sonntagabend Anne Will.

Zwei Gäste liefern sich aggressiven Kleinkrieg

Vielleicht war es der Größe des Themas geschuldet, dass in der Diskussion vieles durcheinander ging und manches zu kurz kam. Das fing schon bei den Begriffen an: Ständig war nur von der Hardware, von Robotern die Rede. Dass die wirklich große Revolution vom Einsatz der dahinterstehenden KI ausgeht, kam in der Debatte dagegen praktisch nicht vor.

Stattdessen dominierten Nebenschauplätze. Höhepunkt der Ziellosigkeit war ein aggressiver Kleinkrieg zwischen dem Digital-Journalisten Sascha Lobo und dem Psychiater Manfred Spitzer. „Sie haben sehr viel Ahnung, aber sie benutzen sie für Angstmacherei, um mehr Bücher zu verkaufen“, warf Lobo seinem Widersacher vor, nachdem dieser ihm Ahnungslosigkeit unterstellt hatte.

Lobo: „Sie sind eine Art Digital-Sarrazin“

Spitzer differenziere bei der Technologie nicht in Risiken und Nutzen, sondern pauschalisiere. „Sie sind eine Art Digital-Sarrazin“, empörte sich der Blogger. Spitzers Vorschlag, Jugendliche bis zum 14. Lebensjahr vor digitalen Medien zu schützen, brachte Lobo vollends auf die Palme. „Worauf wollen sie die Kinder so vorbereiten? Auf die Welt der 50er-Jahre?“

Zuvor war Spitzer in der Diskussion ausgerastet und hatte Lobo sogar für seine rote Haarfarbe attackiert. In einem Rundumschlag hatte er der Runde vorgeworfen, beim Thema Digitalisierung keinen Blick für die Wissenschaft zu haben. Alle Studien würden darauf hindeuten, dass Kinder und Jugendliche Schäden durch die frühe digitale Nutzung erleiden würden. Eine 13-Jährige etwa, die täglich drei Stunden auf Facebook verbringe, habe als 18-Jährige ein erhöhtes Risiko für Depressionen.

Lindner als Sprecher der Industrie

Für konfliktorientierte Zuschauer war diese Keilerei nett anzusehen, zum eigentlichen Thema hatte sie aber nichts beizutragen. Etwas besser wurde es, als die Gastgeberin eine ethische Frage einbrachte: Wird ein selbstfahrendes Auto im Zweifel ein Kind überfahren, um die Insassen zu schützen? Oder wird es die Insassen opfern, um das Kind zu schützen?

Der Chef des digitalen Branchenverbandes Bitkom antwortete erstaunlich offen. „Der Hersteller wird immer die Insassen schützen“, sagte Bernhard Rohleder. Schließlich seien auch heutige Sicherheitsmerkmale wie der Airbag auf den Schutz der Menschen im Auto ausgerichtet. Als besserer Industriesprecher trat FDP-Chef Christian Lindner auf, der diese unverblümte Aussage aufzufangen suchte. „Die Frage ist nicht zu beantworten“, befand Lindner. Daher müsse ein solcher Fall durch einen Mechanismus geregelt werden, der eine zufällige Entscheidung trifft.

Der Erkenntnisgewinn?

Wie genau wird uns die weitere Digitalisierung der Arbeitswelt nun also betreffen? Nach dieser Ausgabe von „Anne Will“ steht nur fest: Nichts Genaues weiß man nicht. Geht es nach Lindner und Rohleder, werden die wegfallenden Stellen zu großen Teilen von neuen, besseren Jobs kompensiert werden. Sascha Lobo ist da skeptischer und warnt vor einer Spaltung in jene Arbeitnehmer, die die Roboter entwickeln und jene,die mit ihnen gemeinsam weiterhin schlechte Arbeiten verrichten müssen.

Den differenziertesten Beitrag zur eigentlichen Frage leistete am Ende die Gewerkschafterin und SPD-Politikerin Leni Breymaier. Eindringlich warnte sie vor den Folgen. In der Pflege etwa könnte die Entwicklung dazu führen, dass menschliche Zuwendung zu einem Privileg für Privatversicherte werden könnte. Auf der anderen Seite machte sie auch klar, dass sich der Geist nicht mehr in die Flasche zurücksperren lassen wird. „Es kommt jetzt darauf an, die Situation zu gestalten.“

Zur Ausgabe von „Anne Will“ in der ARD-Mediathek