Berlin. Nach dem umstrittenen Drogen-Rausch widmete sich Jenke von Wilmsdorff dem Thema Demenz. Ihm gelang ein Beitrag, der nachdenklich macht.

Beim letzten Mal pfiff er sich noch Ecstasy, Speed und LSD rein, in dieser Woche beließ es RTL-Reporter Jenke von Wilmsdorff bei Hypnose – allerdings mit nicht weniger gravierenden Folgen. Die Hypnose sollte ihn vergessen lassen. Um zu verstehen, wie sich Menschen fühlen, die an Demenz leiden. Herausgekommen ist ein Beitrag, der ein unbequemes Thema offen anspricht. Und der zum Glück über den Selbstversuch hinausgeht.

1,6 Millionen. So viele Menschen leben in Deutschland mit der Diagnose Demenz. Weitere 300.000 kommen jedes Jahr neu hinzu. Es ist eine Krankheit, die jeden treffen kann, vor der aber viele die Augen verschließen. Selbst wenn die Betroffenen Freunde sind oder gar zur Familie gehören.

Den Mann, den sie liebte, gibt es nicht mehr

Eine, die sich nicht wegduckt, ist Tina Dörfler. Die 45-Jährige aus Köln hat ihr Leben inzwischen ganz darauf ausgerichtet, für ihren an Demenz erkrankten Mann Achim da zu sein. „Ich mache das aus Liebe“, sagt sie, „aber das belastet mich schon sehr. Man hat ja nichts mehr. Ich isoliere mich.“ Ihr Achim, wie sie ihn mal kannte und liebte, existiert nicht mehr.

Die Krankheit macht den 63-Jährigen antriebslos, leicht reizbar, völlig unselbstständig. „Das ist keine Ehe mehr. Das ist wie Erziehung“, sagt Tina Dörfler. „Das glaubt mir kein Mensch, wie weh das tut.“ Ob sie versuche, sich zu entlieben, um damit besser zurecht zu kommen, fragt Jenke von Wilmsdorff. „Ja.“

Jenke fragt ohne Berührungsängste

Es sind Momente wie diese, die die RTL-Reportage stark machen. Die Gespräche sind intensiv und nehmen den Zuschauer emotional mit. Das liegt an einer Qualität Jenkes, die jeden guten Reporter ausmacht: Er hat keine Berührungsangst.

Und so schreckt er auch nicht davor zurück, sich selbst in diese Welt der Ohnmacht und Abhängigkeit zu begeben. Ein Hypnosetrainer versetzt ihn für einen Tag in einen Zustand, der einer Demenz ähneln soll. Fragen wie „Welcher Tag ist heute?“ oder „Was hast du heute gemacht?“ kann Jenke plötzlich nicht mehr beantworten. Das ist zwar weniger eindrücklich als die Begegnungen mit Betroffenen und Angehörigen, ergibt aber als Ergänzung durchaus Sinn. Denn Jenke beschreibt anschaulich, was dieser Zustand mit ihm macht.

Demenz-WG scheint lohnende Wohnform

„Mit jeder nicht gewussten Frage, steigt bei mir das Stresslevel“, erläutert der Reporter. „Ich bin erschöpft. Die Situation ist mir peinlich. Ich komme mir vor wie ein Sonderling, der in einer anderen Welt lebt.“ Dazu ärgert er sich über sich selbst. Am meisten sei den Betroffenen daher wohl geholfen, glaubt er, wenn man sie nicht in den Mittelpunkt stellt. Wenn man ihre Vergesslichkeit vergisst.

Einen Ort, an dem Zeit und Raum keine Rolle spielen, findet Jenke von Wilmsdorff in Gladbeck. Fünf Tage lebt er dort in einer Demenz-WG mit fünf Frauen. Die Älteste von ihnen ist 93 Jahre alt, die Jüngste gerade einmal 58. Das Zusammenleben tut den Damen augenscheinlich gut. Sie essen gemeinsam, singen, spielen und lachen. Man wünscht sich sofort, es gäbe viel mehr solcher Einrichtungen. Die Realität ist für die meisten Betroffenen, aber auch für das pflegende Personal, noch immer eine andere. Doch vielleicht gibt es bald neue Wege, der Krankheit zu begegnen.

Bald Impfung gegen Demenz?

Der Demenzforscher Christian Haas glaubt an die Erfindung eines Medikaments gegen das Vergessen – höchstwahrscheinlich ein Impfstoff. Denn bei der Krankheit lagern sich giftige Eiweißklumpen im Gehirn ab, die dort Nervenzellen töten. Und Eiweiß könne man gut mit Impfungen bekämpfen, so Haas.

Bis es so weit ist und man nicht sicher sein kann, ob es einen nicht auch selbst trifft, bleibt einem nur eins, wie Jenke von Wilmsdorff am Ende bilanziert: „Man muss das Leben lebenswert machen, solange es noch irgendwie möglich ist.“