Berlin. Von wegen Lügenpresse: Kein Politiker verbiegt die Wahrheit so ungeniert wie AfD-Chefin Frauke Petry. Dies zeigte eine neue Studie.

Sie sitzen bei Anne Will, Frank Plasberg, Sandra Maischberger, Maybrit Illner – und sie reden und reden. Talkshows gehören inzwischen zum Politik-Betrieb wie Parlamentsdebatten. Um Antworten sind Politiker dabei selten verlegen. Doch wie steht es um den Wahrheitsgehalt der Behauptungen und Thesen, die die Herren und Damen Volksvertreter in den Gesprächsrunden bei ARD und ZDF mal eben so raushauen? Für den Fernsehzuschauer ist diese – entscheidende – Frage oft kaum zu klären. Er muss glauben, oder eben nicht. Doch nun gibt es Abhilfe.

Volontäre der Kölner Journalistenschule haben die Diskussionsbeiträge von Talkgästen genau unter die Lupe genommen. Zwischen Dezember 2015 und März 2016 prüften sie die Aussagen der Politiker, die in diesen Monaten für ihre Partei am häufigsten in deutschen TV-Talkshows auftraten. Insgesamt 351 Aussagen haben die Journalistenschüler auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Das Resultat: Der überwiegende Teil der Aussagen entsprach tatsächlich der Wahrheit (70,9 Prozent). Weitere 15,1 Prozent waren immerhin „überwiegend wahr“. Auf die Kategorien „überwiegend falsch“ und „falsch“ entfielen demnach 6,6 Prozent beziehungsweise 7,4 Prozent. Jede siebte Behauptung entsprach also nicht den Tatsachen.

Fast jede dritte Aussage Petrys war nicht korrekt

Unrühmliche Spitzenreiterin war laut der Untersuchung die AfD-Vorsitzende Frauke Petry, die im genannten Zeitraum drei Talkshow-Auftritte wahr nahm und in 28,9 Prozent der überprüfbaren Aussagen daneben lag. „Fast jede dritte nachprüfbare Aussage von Frauke Petry war falsch oder überwiegend falsch“, so die Untersuchung. Dahinter liegt Bayerns Finanzminister Markus Söder von der CSU mit 21,9 Prozent falschen Fakten.

Frauke Petry schlug umgehend in gewohnter Manier zurück. Auf ihrer Facebook-Seite bezeichnete sie die Studie als „ein Produkt aus einer schwer zu entwirrenden Mischung aus Dummheit, Anmaßung und Gesinnungsstrebertum“. Sie frage sich, „wieviel Pinocchiopresse in diesem Lande noch möglich ist“.

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Als treffsicherster Gast dagegen entpuppte sich der Studie zufolge CDU-Vizechef Armin Laschet mit „nur“ 6,5 Prozent Falschaussagen. Es folgen SPD-Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann (9,1 Prozent) und FDP-Chef Christian Lindner (12,5 Prozent).

Prüfer unterstellen niemandem eine vorsätzliche Lüge

Die Schüler der Journalistenschule betonen in ihrem Faktencheck ausdrücklich, dass „der Anteil falscher Aussagen zwar einen Hinweis darauf gibt, ob ein Politiker es mit der Wahrheit genau nimmt oder eben nicht“. Ein Vergleich der Politiker untereinander jedoch sei wegen der unterschiedlichen Datengrundlage sowie wegen der unterschiedlichen Anzahl von Talkshow-Auftritten „nur mit Vorsicht möglich“. Zudem betonten die Macher der Studie, sie wollten keinem der dem Faktencheck unterzogenen Politiker eine absichtliche Lüge unterstellen: „Das Klischee des Politikers, der alle Sorgfalt fahren lässt, um stets das letzte Wort zu haben – dafür ist unser Projekt kein Beleg.“

Sämtliche Ergebnisse der Untersuchung haben die Volontäre im Internet auf der Seite „Faktenzoom.de“ veröffentlicht. Dort gewähren sie ebenso einen Einblick in ihre Recherchemethoden – und listen auch alle getätigten Aussagen der Politiker in einer übersichtlichen Tabelle auf.