Auch wenn einem in den vergangenen Tagen daran manchmal Zweifel gekommen sind: Im Prinzip ist die Bundesrepublik ein aufgeklärtes, weltoffenes und durchaus vernunftbegabtes Land. Aberglaube? Haben wir längst hinter uns gelassen. Oder doch nicht? Mit dem Zweifel an der Rationalität dieser Welt spielt der amüsante Ostsee-Krimi „Nord bei Nordwest – Der wilde Sven“.
Tierarzt Hauke Jacobs (Hinnerk Schönemann) muss darin nicht nur aufpassen, dass er angesichts der doppelten rothaarigen Frauenpower von Polizistin Lona (Henny Reents) und seiner Assistentin Jule (Marleen Lohse) nicht ins Hintertreffen gerät. Der „Fall“, um den es in dieser Folge geht, ist nicht ganz von dieser Welt. Alle sieben Jahre, wissen die spökenkiekerischen Bewohner auf dem Priwall, kommt der Wikinger-Häuptling Sven zurück und holt sich zwei Küstenbewohner. Vor 1000 Jahren hatten sie den wilden Kerl, der sie immer wieder ausraubte und Brände legte, in einen Hinterhalt gelockt und ertränkt. Und als jetzt eines Morgens ein Mann tot in seinem Bett gefunden wird, denken die Leute: Es ist mal wieder soweit. Und der Tote ist ja erst das erste Opfer der aktuellen Sven-Saison.
Der leichtfüßige, manchmal etwas angestrengt witzige Film, zu dem Grimme-Preisträger Holger Karsten Schmidt das Drehbuch geschrieben hat, pendelt zwischen Krimi und Komödie. Und setzt damit den Trend zu dieser regional fest verankerten Mischform fort, die schon „Mord mit Aussicht“ und der „Tatort“ aus Münster bedienen. Der Autor zeigt hier, dass er nicht nur Nord- („Mörder auf Amrum“), sondern auch Ostsee kann.
Natürlich sind die Dorfbewohner schrullig und haben Mutterwitz. Der Film glänzt angesichts der metaphysischen Thematik mit einigen Spezialeffekten. So zeigt gleich eine der ersten Kameraeinstellungen einen rosettenförmigen Bildausschnitt, der suggeriert, dass aus dem Enddarm einer Kuh heraus auf die ländliche Idylle geblickt wird. Eine ungewöhnliche Perspektive. Wer genau hinsieht, kann eine ganze Reihe solcher Spielereien entdecken. Running Gags sind die immer wieder auftretenden Bestatter. Der gebürtige Rostocker Hinnerk Schönemann trifft als etwas tölpelhafter Held den richtigen Ton im zweiten Film der Reihe, deren Name eine Anspielung auf den Originaltitel von Alfred Hitchcocks Thriller „Der unsichtbare Dritte“ ist.
Regie führt Jochen Alexander Freydank, der 2009 einen Oscar für seinen Kurzfilm „Spielzeugland“ gewann. „Man muss die emotionalen Momente wirklich emotional erzählen und bei den komischen Momenten achtgeben, dass man nicht den Krimi verlässt und total albern wird“, erklärt er sein Konzept. Der Berliner hat schon als Kind im Urlaub Ostseeerfahrungen gesammelt. Seine „Vorliebe für alles, was in Richtung schwarzer Humor geht“, kommt ihm hier natürlich zugute.
„Nord bei Nordwest – Der wilde Sven“ Do, 20.15 Uhr, ARD
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