Die Hamburger Deichtorhallen bieten 50 Teile aus Antony Gormleys Horizon Field an. Für 250 Euro kann man einen Quadratmeter davon erwerben.

Hamburg. Was geschieht eigentlich mit Kunst, deren Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist? Das kommt ganz darauf an, aber im Fall des bis vor Kurzem in den Deichtorhallen ausgestellten Horizon Field des britischen Künstlers Antony Gormley stand von vornherein fest: Nach dem Ende der Ausstellung wird es zerlegt. So ganz verschwinden wird es aber nun doch nicht, denn aus dem äußeren Rand der sozialen Skulptur werden gerade 50 ein mal ein Meter große Stücke des mit drei insgesamt fünf Millimeter dicken Schichten dunklen PU-Harzes bestrichenen Birkenmehrschichtholzes herausgesägt und zum Verkauf angeboten. Für 250 Euro kann man sich einen Quadratmeter Horizon Field mit nach Hause nehmen. Das ist geradezu spottbillig angesichts des Marktwertes des renommierten Künstlers. Eine reine Künstleredition ist das natürlich nicht, die Stücke sind nicht signiert und wären dann auch viel teurer. Immerhin bekommt jedes Quadrat noch einen Stempel von den Deichtorhallen auf die Rückseite, damit niemand es versehentlich entsorgt, weil er es für Holzschnittabfall aus dem Baumarkt hält. Interessenten können sich ab sofort unter der Adresse edition@ deichtorhallen.de registrieren lassen. Ende Oktober beginnt der Verkauf.

Potenzielle Kunden müsste es eigentlich genug geben, denn die Horizon-Field-Ausstellung war enorm erfolgreich. 120 000 Besucher kamen vom 26. April bis zum 16. September, um 7,40 Meter über dem Boden barfuß oder auf Socken herumzulaufen und über ihren Ort im Raum nachzudenken oder des Feld zum Schwingen zu bringen. "Wir hatten auch viele Besucher, die nicht zum klassischen Kunstpublikum gehören", sagte Deichtorhallen-Pressesprecherin Angelika Leu-Barthel. Der Horizon-Field-Blog hatte am Ende mehr als 600 Einträge. Selbst nach dem Ende der um eine Woche verlängerten Ausstellung kamen noch potenzielle Besucher.

Auch gestern guckten Passanten neugierig und enttäuscht in die Halle, die gern noch auf Gormleys Kunst herumgelaufen wären. Aber die ist mittlerweile auf etwa zwei Meter Höhe abgesenkt. Arbeiter mit Mund-, Gehörschutz und Trennschleifern waren dabei, den hölzernen Rand und die Mitte des Feldes zu zerteilen. Anschließend soll der Stahlrahmen auseinandergschweißt werden. Am 3. Oktober sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

Die Vorbereitungen zu dem Gormley-Projekt hatten zwei Jahre gedauert, der Aufbau einen Monat. In nur etwas mehr als einer Woche lässt sich das mehr als eine Million Euro teure Horizon Field in Teile zerlegen, die klein genug zum Recyceln sind und Anlass geben, über die Vergänglichkeit von großer Kunst nachzudenken. Nach einer kurzen Pause kommt im November der Berliner Künstler Anselm Reyle in die Nordhalle, um seine Ausstellung "Mystic Silver" zu zeigen. Hatte Gormley die Halle mit seinem schwebenden Feld horizontal geteilt, wird Reyle sie mit einem großen silbrigen Vorhang vertikal in einen Tageslicht- und einen Kunstlichtteil trennen.