Hamburg. Am Schauspielhaus zeigt Kay Voges „Die Stadt der Blinden“ bildmächtig, beeindruckend, aber auch als verstörend ästhetische Gewaltorgie.

Linda Zervakis hat es noch nicht erwischt, das „weiße Übel“. Sie kann noch sehen, routiniert geht sie ihrer Arbeit nach und verleiht der Geschichte damit deren Initial-Glaubwürdigkeit. Überlebensgroß ist die Moderatorin auf der Leinwand zu sehen, wie sie über eine Epidemie berichtet, die, so suggerieren es jedenfalls die Bilder, mitten in Hamburg ihren Anfang nimmt. Eine hochansteckende Blindheit, die sich rasant verbreitet. Symptome: ein milchiger Schleier vor den Augen, nicht schmerzend, aber dauerhaft, „wie ein weiß übermaltes Gemälde“.

Keiner weiß, woher, keiner weiß, warum, und vor allem weiß niemand, wie man das aufhalten könnte. Also holt sich Zervakis im Politiker-Interview entsprechende Floskeln ab: „Alarmismus nutzt keinem etwas“ zum Beispiel, oder: „Die Isolation ist ein Akt der Solidarität gegenüber dem Rest.“ Solidarität? Ein Wort ohne Bedeutung, wie sich schnell herausstellt. Das Politiker-Blabla wird man sich trotzdem noch zurückwünschen. Linda Zervakis sowieso. Überhaupt: die Tröstlichkeit des Alltags.