Julian Assange, Gründer von WikiLeaks, zweifelt angeblich an dem geplanten Projekt - aus Angst vor der amerikanischen Justiz.

Hamburg. Angesichts der Tatsache, dass Julian Assange im vergangenen Jahr aus dem Nichts zu einem der bekanntesten Menschen des Planeten wurde, ist es ziemlich ruhig um den WikiLeaks-Gründer geworden. Wer aber denkt, der 40-Jährige arbeitete derzeit unter Hochdruck und zielgerichtet an seiner Autobiografie, der irrt.

Im Gegenteil: Ob die vor Jahresfrist annoncierte zügige Veröffentlichung überhaupt Wirklichkeit wird, steht derzeit stark infrage. In der Buchbranche und in Journalistenkreisen geht gar das Gerücht um, Assanges Darstellung seines eigenen Lebens sei ganz abgeblasen. Grund sollen Befürchtungen des politischen Aktivisten sein, das Buch könne ihm großen Schaden zufügen und justiziable Vorgänge beschreiben: In Amerika droht Assange eine Anklage wegen Geheimnisverrats.

Die Veröffentlichung von geheimen Informationen ist schließlich der Auftrag, den sich WikiLeaks gegeben hat, und dessen Ausführung ein Geheimnis, das Millionen Leser interessieren dürfte. 1,2 Millionen Euro soll Julian Assange als Vorschuss für die Autobiografie kassiert haben; im Herbst sollte das Buch eigentlich weltweit beim schottischen Verlag Canongate Books und bei Alfred A. Knopf in New York erscheinen.

Die deutsche Lizenz erwarb Kiepenheuer & Witsch. Die Kölner warben bei der Buchmesse in Leipzig großflächig für den potenziellen Bestseller, dessen Erscheinen zunächst sogar für das vergangene Frühjahr geplant war.

Bei Kiepenheuer & Witsch kann man derzeit nichts Genaues über den Stand der Dinge sagen; vom Vertragspartner Canongate gibt es bisher keine verbindlichen Auskünfte über die Entwicklung des Manuskripts. Man könne zurzeit keine weitergehenden Aussagen zum Thema Assange machen, heißt es.

Richtig Lust auf das Buch hatte der Australier bislang ohnehin nicht. Er hatte von Anfang an keinen Hehl aus der finanziellen Notwendigkeit gemacht, die ihn zu der Niederschrift (zusammen mit einem Ghostwriter) trieb. "Ich will dieses Buch nicht schreiben, aber ich muss", sagte Assange bei der Ankündigung - in Schweden wird gegen ihn wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung ermittelt.

Anwälte kosten Geld; bislang sollen die laufenden Kosten bereits mehr als 200 000 Euro verschlungen haben. Dass Assange durchaus kreativ ist, wenn es um das Auftun von Geldquellen geht, bewies er erst unlängst: Vor einigen Wochen fand in London ein exklusives Mittagessen mit Assange und dem Philosophen Slavoj Zizek statt. Der illustre Kreis der anderen Teilnehmer setzte sich aus gut betuchten Zeitgenossen zusammen, die sich ein Essen mit den beiden Stars etwas kosten lassen wollten. Das Geld sollte freilich nicht Assanges persönliche, sondern die WikiLeaks-Kasse aufbessern.

Assanges Enthüllungsplattform WikiLeaks ist wie ihr Gründer Gegenstand verschiedener Bücher, die zuletzt veröffentlicht wurden. Reißerische und deshalb auf dem Buchmarkt leicht zu platzierende Titel tragen sie alle: Daniel Domscheit-Bergs Buch heißt "Inside WikiLeaks: Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt", das von Carsten Görig und Kathrin Nord "Julian Assange - Der Mann, der die Welt verändert". Ob Assange seine eigene Sicht der Dinge dem hinzufügen wird?